Die zehnte Ausgabe von DOKU.ARTS präsentiert vom 6.-23. Oktober 22 neue Dokumentar- und Essayfilme aus 16 Ländern, die noch nicht in Berlin zu sehen waren – darunter 13 Deutschlandpremieren.
Zu Gast sind ca. 40 internationale Filmemacher*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Kritiker*innen und Essayist*innen. Das Programm Essaydox stellt die lebendige filmische Form des Essayfilms anhand von neuen Filmen vor und präsentiert deren Relevanz, Einfallsreichtum, Poesie und politische Aktualität im 21. Jahrhundert.
Auf dem internationalen Symposium (07.10.) werden Philosophie, Ästhetik, Verortung und Zukunftsperspektiven von heutigen Essayfilmen verhandelt. Die Keynote „Essay and Esse” hält Ross Lipman, UCLA Film & Television Archive Los Angeles, USA.
Zu den Sonderveranstaltungen des Festivals zählen
- neben dem eintägigen Symposium mit Thomas Elsaesser (Amsterdam/Columbia University New York), Ross Lipman (UCLA), Sarah Cooper (King’s College London), Melis Behlil (Kadir Has University Istanbul) u.v.a.
- ein Abend mit der New Yorker Künstlerin Ida Applebroog
- die Präsentation einer interaktiven Virtual-Reality-App, die begleitend zum Eröffnungsfilm entwickelt wurde (Premiere Sundance Festival, Storyscape Award Tribeca 2016)
Eröffnet wird DOKU.ARTS am 6. Oktober um 20 Uhr mit der Deutschlandpremiere von Notes on Blindness von Peter Middleton und James Spinney, die auf beeindruckende Weise die paradoxe Aufgabe meistern, die Blindheitserfahrung des Theologen John Hull ins Sichtbare zu übersetzen.
Darüber hinaus umfasst die Jubiläumsausgabe von DOKU.ARTS:
Black Sun (Regie: Gary Tarn GB 2005, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ein phänomenaler Essayfilm über die Blindheitserfahrung des Malers Hugues de Montalembert Absent God (R: Yoram Ron, ISR 2014, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), erforscht die „optische Ethik“ des Philosophen Emmanuel Levinas und schlägt den Bogen von der Shoa bis hin zur aktuellen geistig-politischen Situation in Israel; ein seltener Fall von fesselnder filmischer Umsetzung von Philosophie.
China Concerto (R: Bo Wang, CHN/US 2012, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ein gleichermaßen verstörender wie emotionaler Filmessay, der kritisch auf die chinesische Heimatstadt des Regisseurs blickt, in der ein neo-kommunistisches Umerziehungsprogramm im Gewand westlicher Popkultur stattfand.
Call Her Applebroog (R: Beth B, US 2015, Deutschlandpremiere in Anwesenheit der Regisseurin und Ida Applebroog), ein intimes Porträt der 1929 als Kind jüdisch-orthodoxer Immigranten in der New Yorker Bronx geborenen, als Grande Dame der feministischen US-Kunst bekannten Künstlerin Ida Applebroog, gezeichnet von ihrer Tochter.
Film (R: Alan Schneider, US 1965) und Notfilm: A Kino-Essay by Ross Lipman (R: Ross Lipman, US 2015, Berlinpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ein mitreißender Dokumentarfilm, der Samuel Becketts einzigen Ausflug ins Filmwesen, den berühmten Kurzfilm Film mit Buster Keaton in der Hauptrolle untersucht.
Santa Teresa y otras historias (R: Nelson Carlo de los Santos Arias DR/US/MEX 2015, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ein experimenteller Film noir, geschaffen aus Fragmenten des posthum erschienenen Jahrhundertromans 2666 von Roberto Bolaño – ein assoziatives filmisches Paralleluniversum, das nicht nur Bolaño-Leser zu fesseln vermag.
Exil (R: Rithy Panh, F 2016, Berlinpremiere), erzählt von einem Genozid, von dem es keine Bilder gibt und ist eine Rückkehr zum jugendlichen Ich Panhs, der vor den Roten Khmer floh. Aus der Verdichtung inszenierter Bilder mit Propagandafilmen, Parolen und Tagebuchreflexionen ist ein sehr persönlicher Essayfilm über das Wesen von Revolution und Exil entstanden.
A subsequent fulfilment of a pre-historic wish (R: Johannes Gierlinger, A 2015, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs) und The fortune you seek is in another cookie (R: Johannes Gierlinger, A 2014, Deutschlandpremiere), zeigen, was das Reisen vermag: kontinuierlicher Perspektivenwechsel kann helfen, zu einem tieferen Verständnis grundlegender Fragen zu gelangen – erkundet werden Fragen von Verlust und Tod und die Frage nach dem Glück in zwei herausragenden Essayfilmen.
Koudelka – Shooting Holy Land (R: Gilad Baram, D/CS 2015, Berlinpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), begleitet den exiltschechischen Magnum-Fotografen Josef Koudelka, dessen Bilder des Prager Frühlings um die Welt gingen auf einer Expedition durch das Heilige Land und erforscht das Geheimnis von Koudelkas Blick.
Kandahar Journals (R: Louie Palu, Devin Gallagher, AFG/CDN/US 2014, Berlinpremiere in Anwesenheit von Louie Palu), ist eine in sensible Ton- und Bildsprache übersetzte Erfahrung des Kriegsfotografen Palu, dessen Film von der Unmöglichkeit handelt, das Kriegserleben zu kommunizieren.
Paul Sharits (R: François Miron, CDN 2014, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ermöglicht faszinierende neue Einblicke in Leben und Werk des Filmavantgardisten Paul Sharits, dessen Arbeit einer tiefen Sehnsucht nach Schönheit, Sinn und Ordnung entspringt.
By Sidney Lumet (R: Nancy Buirski, US 2015, Deutschlandpremiere), basierend auf einem exzellenten Langzeitinterview von Daniel Anker verbunden mit einer Collage aus Lumets Filmen gewährt uns Buirski in ihrem humorvollen Porträt des Ur-New Yorkers einen tiefen Einblick in dessen Kreativwerkstatt.
A Toca do Lobo (R: Catarina Mourão, P 2015, Berlinpremiere in Anwesenheit der Regisseurin), begibt sich auf die Suche nach dem Schicksal des Schriftstellers Tomáz de Figueiredo, als Jahrzehnte nach dem Ende des Salazar-Regimes dessen Archive zugänglich werden – eine sensible und poetische Erzählung über die Wiederaneignung einer Familiengeschichte.
Monumentum (R: Fadi Yeni Turk, LIBN 2015, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ein poetischer Essayfilm, der in Zeiten turbulenter Veränderungen in der arabischen Welt das Schicksal der Denkmäler dokumentiert, das zur Projektionsfläche für eine politische Bestandsaufnahme wird.
Erbarme Dich – Matthäus Passion Stories (R: Ramón Gieling, NL 2015, Berlinpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), ein collagenartig angelegter Essayfilm, der eindrücklich zeigt wie die individuelle Erfahrung des Schmerzes in Bachs Musik ihren universellen Ausdruck findet.
The Ecstasy of Wilko Johnson (R: Julien Temple, UK 2015, Berlinpremiere), reflektiert das Leben und den drohenden Tod des erkrankten Dr. Feelgood-Leadgitarristen Wilko Johnson; ein erstaunlich optimistischer Film mit unerwarteter Wendung, der durch die brillante Verwendung von Filmausschnitten besticht.
The Great Wall (R: Tadhg O’Sullivan, IR 2015, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), verbindet Kafkas Beim Bau der Chinesischen Mauer mit eindringlichen, luziden Bildern, die Europas Abschirmung nach außen zeigen.
Ella Maillart – Double Journey (R: Mariann Lewinsky Sträuli, Antonio Bigini, CH 2015, Berlinpremiere in Anwesenheit des Co-Regisseurs), ein filmisches Dokument einer abenteuerlichen Reise und ein faszinierendes Kapitel der ethnografischen Forschung aus einer Zeit, als die europäische Zivilisation tausende Kilometer entfernt auf den Abgrund zusteuerte.
Beyond Zero: 1914-1918 (R: Bill Morrison, US 2014, Deutschlandpremiere in Anwesenheit des Regisseurs), verwebt nie zuvor gesehene Nitrozellulosefilmaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg zu einem visuell herausragenden Dokumentarfilm ohne Kommentar und Texteinblendung – mit vom Kronos Quartet eingespielter Musik von Aleksandra Vrebalov.
DOKU.ARTS
6.-23. Oktober 2016
Zeughauskino / Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2
10117 Berlin