Die Ausstellung bietet an der Schnittstelle von Fotografie, Anthropologie und Kunsthandwerk einen Einblick in zeitgenössische Maya Gesellschaften in Guatemala.
Ausgangspunkt bilden die Portraits von spirituellen Maya-Führern des spanischen Fotografen Santiago Albert, graviert und gedruckt mit der Technik der Heliogravur. Über die Laufzeit entsteht eine wissenschaftliche wie künstlerische Darstellung der Maya Cofradías in Guatemala. Durch Gesprächsrunden, Filmprojektionen, Mini- Installationen und Workshops wird das Projekt erweitert und ein tieferer Blick in die Kultur gewährt. Im Rahmen der Ausstellung wird ein Künstlerbuch entstehen.
Der Kontext
Cofradías sind religiöse Bruderschaften innerhalb des Maya Volks, die sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts als Reaktion auf die spanische Invasion bildeten. Der fürLateinamerika typische Synkretismus führte dazu, dass in den Cofradías die gezwungenermaßen angenommenen katholischen Bräuche mit indigenem Glauben verschmelzen. Als Priester, Führer und Schamanen werden die cofrades , wortwörtlich „Mitglieder der Bruderschaft“, wegen ihres Glaubens und ihrer moralischen Achtbarkeit gewählt. Während ihres Mandats wachen sie in totaler Hingabe über das kulturelle und religiöse Leben ihrer Gemeinde, geben Rat, schlichten und führen Festlichkeiten an. Die Maya Cofradías haben von den alten römischen Bruderschaften und den mittelalterlichen Zünften aus dem Westen sowie dem Orient vieles übernommen. So steht jede Cofradía unter dem Schutz eines Heiligen oder einer anderen Figur. Auch die rituellen Feiern und Prozessionen sowie die „frei gewählte“ Hierarchie, die sich nach Tätigkeiten und Aufgaben richtet, ist ein Erbe dieser alten Tradition.
Heliogravur und Künstlerbuch
Der spanische Fotograf Santiago Albert (*1965) lebt seit 1996 in Guatemala. Die cofrades haben ihm das seltene Privileg gewährt, ihre Gesichter und Geschichten in die Welt zu tragen. Graviert und gedruckt mit der seltenen Technik der Heliogravur, werden zu Beginn der Ausstellung Kupfermatrize der Fotografien und ihr Druck ausgestellt. Diese wurden von Antonin Pons Braley (*1988) von Tumuult und Fanny Boucher (*1976), Élève -Maître d’Art (Meisterschülerin) im Pariser Atelier Hélio’g angefertigt. Die aus dem 19. Jahrhundert stammende Heliogravur-Technik, von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe geschützt, wird traditionell für die Reproduktion von Fotografien verwendet. Ein Künstlerbuch mit 13 heliogravierten Portraits ist zeitgleich zur Ausstellung im Entstehungsprozess. Es wird in einer Schachtel präsentiert, ausgelegt mit Stoffen die speziell für diesen Zweck von den Maya aus dem Ort Chichicastenango gewebt wurden. Durch die Vorstellung des Künstlerbuchs im Oktober 2016 wird die Ausstellung in der Tumuult Galerie komplettiert.
Die Ausstellung im prozesshaften Dialog – das Programm
Im Dialog mit Santiago Albert’s fotografischer Arbeit werden im Juni die Portraits des deutsch-amerikanischen Fotografen Hans Namuth (1915-1990) gezeigt. Seine Serie Los Todos Santeros ist eine sensible anthropologische Bestandsaufnahme der Bevölkerung von Todos Santos, die er von 1947 bis 1987 aufgenommen hat. Rituelle indigene Masken werden im Juli ausgestellt, bevor der Dokumentarfilm Corazón del Cielo, Corazón de la Ti erra in der Anwesenheit der Regisseure Frauke Sandig und Eric Black im August gezeigt wird. Im September findet eine Lesung der Gedichte von dem K’iche’ Maya Dichter Humberto Ak’abal statt. Das Highlight ist der Besuch von cofrade Manuel Xiloj Tol, der im November über sein Volk, seine Wurzeln und seinen Weg sprechen wird. Das umfangreiche Programm, in Kooperation mit der Botschaft Guatemala, kann online unter www.tumuult.com eingesehen werden.
Tumuult
Das unabhängige art & research Lab Tumuult , gegründet 2014 von Antonin Pons Braley und Lena Gudd in Berlin, arbeitet an der Schnittstelle von Anthropologie, Fotografie und Kunsthandwerk. Neben Gudds und Pons Braleys Studien von Gegenwartsgesellschaften in nördlichen Regionen, erkundet Tumuult mit Ausstellungen und Gesprächsrunden die wechselseitige Beziehung zwischen dem Menschen und seinem Lebensraum.
Cofrades
13. Mai bis 13. Dezember 2016
Tumuult Galerie
Heinrich-Roller-Straße 8
10405 Berlin