Wer das Nimmerland kennt, weiß, was es heißt, nie ganz erwachsen zu werden. Zu glauben, dass Vorstellungskraft Welten erschaffen kann. Dass Magie existiert – dort, wo Märchen, Mischwesen und Mythen auf das Innerste des Menschen treffen. In der Ausstellung „Nimmerland“ führt uns Maria Wirth mit ihrer Malerei an genau diesen Ort: einen Raum zwischen Wirklichkeit und Vorstellung, zwischen Erinnerung und Traum. Ihre Bilder sind kraftvoll, vielschichtig – und zugleich zutiefst persönlich.
Maria Wirth erschafft malerische Räume, die uns in die Tiefe menschlicher Erfahrungen führen. Ihre Werke berühren grundlegende Themen wie Sehnsucht, Angst, Liebe, Gewalt, Begehren, Leben und Tod – nicht erklärend, sondern fühlbar. Mit poetischer Bildsprache und sensibler Komposition eröffnet sie innere Landschaften, in denen sich Figuren verlieren oder finden. Szenen, die Traum und Realität verbinden – und dabei etwas sichtbar machen, das oft verborgen bleibt.
Wer das Nimmerland kennt, weiß, was es heißt, nie erwachsen zu werden und an etwas nur glauben zu müssen, damit es geschieht. Er weiß, dass Phantasie Macht und das Reich der Märchen, Mythen und Magie einen Sinn besitzen.1
Maria Wirth (*1987) studierte Deutsche Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte und schloss ihr Studium 2015 mit dem M.A. Philosophie an der Freien Universität Berlin ab. Ihre kraftvollen Bilder sind vielschichtig mit spielerischen Bezügen zu Literatur und Philosophie und widmen sich mit einer phantasievollen, erzählerischen Geste universellen menschlichen Fragen nach Sehnsucht, Angst, Liebe, Gewalt, Begehren, Vergessen, Leben und Tod. Im Mittelpunkt steht der Mensch als ein Wesen, das zwischen kulturellen und gesellschaftlichen Normen einerseits und seiner Subjektivität, seinem Fühlen und Wollen andererseits balanciert.
Tiere und Puppen stehen nicht im Mittelpunkt, spielen jedoch als scheinbar beiläufige Elemente in den Bildern die Rolle von Schlüsselfiguren und inhaltlichen Bewegern. In diesem erzählerischen Ansatz fühlt sich die Künstlerin alten Texttraditionen wie Märchen und Mythen verbunden. Hinter Zitaten von Pferde-, Löwen-, Vogel-, Mischwesen steht das Bewusstsein der zwiespältigen Bedeutung von Tieren in menschlichen Kulturen: einerseits Freund, Begleiter, Schutzsymbol, andererseits als eine niedere Spezies gezüchtet, getötet, trainiert. Solche im Gegenstand vereinten Widersprüche, die einen Deutungsraum hinter der Bildebene aufbauen, sind typisch für die Arbeiten der Künstlerin.
Was bedeutet es „Frau“ zu sein im 21. Jahrhundert? Maria Wirth bringt diese Frage in einen Dialog mit ihrer Lesart mythologischer Frauenfiguren. Hekate, Medea, Penthesilea, Maria Magdalena oder: Mütter, Töchter, Heldinnen, Kriegerinnen, Hexen. Demgegenüber scheinen Puppen — in der Tradition der Surrealisten beispielhaft Hans Bellmer mit Unica Zürn — für den kindlich-weiblichen Körper als Gegenstand sexueller bis pornographischer Phantasien, also für Opfer zu stehen. Bei Maria Wirth geben sie Anlass zur Hinterfragung weiblicher Rollenbilder, die, von ihr re-interpretiert, als stille Akteurinnen der Emanzipation und Wandlung sichtbar werden.
„Flatternd erhebt sich ein Gedanke Unsterblichkeit
inmitten einer Schar Träume
metallen klirrend eines Spiegels Sprung
in eine verbindliche Nacht
Sehnsucht
nach Zärtlichkeit wo sich niemand rührt
aber alles ist.
Liebe ohne Herkunft
Zukunft ohne Ort,
Immerlandsort.“
[zit. (c)MWirth 151124]
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1 In der Kindergeschichte um Peter Pan (Prämiere als Bühnenstück 1904 in London) ist das Nimmerland eine fiktive Insel jenseits der Logik der Erwachsenenwelt.
Termine
Vernissage Donnerstag 19.06. Beginn 18:00 | 19:00 Grußwort von Dr. Petra Lange, Kunsthistorikerin und Galeristin
Künstlergespräch Samstag, 05. Juli 2025, 17:00
Finissage Samstag 26.07.