five – Rindon Johnson

Installation view five | rindon johnson | Photo: Marjorie Brunet Plaza

Die erste Einzelausstellung von Rindon Johnson in der Berliner Galerie basiert auf dessen Science-Fiction Roman Clattering und präsentiert eine raumgreifende Installation, die anlässlich Johnsons Nominierung für den Future Generation Art Prize 2021 entstanden ist und bereits kurze Zeit im PinchukArtCentre in Kyiv zusehen war. Für die Ausstellung five wird die multimediale Installation durch neue Arbeiten des Künstlers ergänzt und in ein erweitertes Ausstellungskonzept eingebettet.

Der Roman Clattering entsteht in Zusammenarbeit mit der Schriftstellerin Rainer Diana Hamilton und ist ein Vorschlag für Offenheit, Vielfältigkeit und Widerstand gegen die organisatorischen Zustände unserer Welt, die zumeist auf dualistischen Grundannahmen beruhen. Die Autor:innen hinterfragen unsere gewohnte Sichtweise auf Beziehungen, hierarchische Strukturen, Reproduktionssysteme und die Kontrolle von Ressourcen. Johnson und Hamilton arbeiten subtile, aber wichtige Unterschiede zwischen Menschen und menschenähnlichen Figuren im Roman heraus, wobei es in Clattering keine Geschlechter, keinen Hunger, keinen Krieg und keine physische Gewalt gibt.

In five konzipiert Johnson durch architektonische Eingriffe einen Parcours, der vielfältige Realitäten  öffnet  und  räumlich,  visuell,  sprachlich  und  performativ  erfahrbar  wird.  Dadurch  positioniert  der Künstler die Besuchenden in eine Ausstellungsarchitektur, in der man mit stetig wechselnden Betrachtungsweisen  konfrontiert  wird  und  Abgrenzung  und  Zugehörigkeit,  sowie  die  räumliche  Verortung im Innen und Außen reflektiert. Ein auf der Zahl fünf basierender Handlauf bietet dabei den Einstieg und leitet in die Ausstellung, in der sich fortführend Fiktionen und Realitäten überlagern.

Eine geschwungene Ziegelmauer trennt den Raum und führt zu fünf Monitoren auf welchen Live-Streams  von  startenden  und  landenden  Flugzeugen  zu  sehen  sind,  die  den  fortlaufenden  Betrieb  unserer  gesellschaftlichen  Strukturen  dokumentieren.  Johnson  bezieht  sich  in  seinen  Arbeiten  meist  auf  soziokulturelle  Strukturen,  die  sich  durch  die  Verwendung  von  Sprache,  wie  auch durch verschiedene Medien und Materialitäten ausdrücken. So ist The splinter in your eye is the best magnifying glass (happiness writes white, planespotting) ein Abbild hierarchischer und historischer  Systeme  mit  ausbeuterischen  Impulsen  gegenüber  unserer  Umwelt,  die  durch  die  Erzählung  von  stetigem  Wachstum  genährt  wird.  Daran  schließt  die  von  Tageslicht  hinterleuch-tete Fensterinstallation Clattering an, die eine Landschaftsdarstellung aus der Novelle Clatteringin  Glasmalerei  zeigt.  In  der  Science-Fiction  Erzählung  existiert  eine  alternative  Zeitlichkeit,  welche durch stetig wandelnde Lichtstimmungen in der gläsernen Landschaft in der Realität erfahr-bar gemacht wird. Vom Künstler gestaltete Sitzobjekte aus Holz dienen der Beobachtung der auf diese Weise räumlich erzeugten (fiktiven) Zeitebenen.Ergänzend sind Wandarbeiten sowie freistehende Werke aus Leder präsentiert, mit denen John-son  eine  Verbindung  zwischen  Objekt,  Sprache  und  betrachtender  Person  herstellt,  um  gesell-schaftliche  Hierarchien  und  komplexe  Machtstrukturen  in  Frage  zu  stellen.  Leder  als  Nebenpro-dukt  industrieller  Verarbeitungsketten  zeigt  für  den  Künstler  einen  umfassenderen  historischen  und konzeptionellen Zustand auf, der den Umgang mit anderen Lebewesen verdeutlicht und sich auf  das  kolonialistische  Erbe  westlicher  Staaten  übertragen  lässt.

Für  seine  physischen, objektbasierten Werke verwendet er meist Rindsleder, das er bis zu einer Dauer von einem Jahr unterschiedlichen  Witterungsbedingungen  aussetzt,  wodurch  sich  die  Umgebung  und  das  Klima  in  die Oberflächen einprägen. Der Aspekt der Zeitlichkeit und der ständigen Veränderung zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Der Künstler schafft eine „Journey“ in verschiedene Zeitebenen, in denen Live-Streams, Erzählzeiten und Tageszeiten hierarchielos und simultan ablaufen, wobei five eine eigene Zeitkapsel bildet, in der Fiktion und Realität verschwimmen und die Idee von Parallelität und die Existenz multipler Welten gleichzeitig möglich wird.

Rindon Johnson (*1990 in San Francisco, US) arbeitet als Künstler und Schriftsteller multimedial in den Bereichen Skulptur, Video, Poesie und Virtual Reality aus einer gesellschaftskritischen Perspektive. Seine Werke sind stets in der Sprache verwurzelt und bewegen sich zwischen skulpturalen Arbeiten und virtuellen Sphären. Johnson untersucht, wie physische und digitale Räume miteinander verwoben sind und wie Sprache diese Realitäten formt, indem sie versagt, widerspricht oder befähigt.

Text ist eines der zahlreichen Medien, die der Künstler sich aneignet und in neuen Kombinationen  zusammensetzt,  um  Fragen  hinsichtlich  Autonomie  und  Macht  aufzuwerfen.  Dabei  untersucht  Johnson  die  Auswirkungen  von  Kapitalismus,  Klima  und  Technologie  und  wie  wir uns selbst sehen und konstruieren. Durch die Verbindung von Wort, Technologie und Objekt entstehen  vielschichtige  Werke,  wobei  Johnsons  Ausdrucksformen  von  Publishing,  Virtual  und  Augmented Reality bis hin zur Arbeit mit Materialien wie Leder, Holz und Stein reichen.

2022  wurde  Rindon  Johnson  mit  dem  Ernst-Rietschel-Kunstpreis  für  Skulptur  ausgezeichnet.  Seine Arbeiten wurden in internationalen Ausstellungen gezeigt, zuletzt in Solopräsentationen im Sculpture Center in New York (2021), im Museum of American Art in Washington (2021) und in der Julia  Stoscheck  Collection  in  Düsseldorf  (2019).  Johnson  schrieb  mehrere  Bücher,  hielt  Lecture  Performances und Readings, unter anderem im MoMa PS1 (2018) und KW in Berlin (2019) und pub-lizierte Arbeiten und Texte in Kollaboration mit Museen und Magazinen, wie der New York Times.

Beitragsbild: Installation view five | rindon johnson | Photo: Marjorie Brunet Plaza

five – Rindon Johnson

13. September 2023 – 11. November 2023

Eröffnung:

Mittwoch 13 September

18 – 21 Uhr

Öffnungszeiten während der Berlin Art Week:

13 – 17 September, 12 – 19 Uhr

Max Goelitz

Veröffentlicht am: 25.09.2023 | Kategorie: Ausstellungen, Kultur, Kunst,

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