FRITZ BORNSTÜCK Buschfunk – 68projects by KORNFELD

Fritz Bornstück

68projects by KORNFELD präsentiert die Ausstellung “Buschfunk” von Fritz Bornstück. Man meint sie zu kennen, diese Orte, diese Kompositionen aus Altem, aus Müll, aus idyllischem Pflanzenbewuchs. Man entdeckt sie nicht beim Flanieren, selten beim Spazieren. Um hierhin zu gelangen, muss man Herumstreunen, einem urbanen Entdeckerinstinkt folgen, Wege verlassen, Verstecke suchen. Kinder und Jugendliche können dies am besten, aber auch Obdachlose oder Graffitisprayer. Und dann kommen sie zum Vorschein, die Spuren der schweren Objekte, der technischen Hinterlassenschaften aus vergangenen Jahrzehnten. Wie eine Flüstertüte aus den 1920er Jahren, Musikinstrumente, Feuerlöscher, Schubladen voll mit Zeugs, ein Bauchladen aus dem Kino oder ein Converse Chuck Schuh. Ambitioniert hochgestapelt, romantisch heruntergefallen oder Wärme spendend in einer Feuerstelle. Zusammen wirken sie wie Dünger, durch sie blüht Unkraut paradiesisch auf.

Nach einigen Betrachtungsmomenten wird schließlich klar, dass Fritz Bornstücks Bilder keine realen Orte zeigen, sie scheinen nur auf den ersten Blick so. Es sind Un-Orte, offen liegend an verdeckten Stellen und in eine fiktive Weltkarte umgesiedelt.

Bornstück malt Kompositionen aus einer anachronistischen Konsumwelt, antiken Status- und kulturellen Vergnügungssymbolen, die er nicht konzeptuell als Ready-made ausstellt, sondern in figürliche Malerei umsetzt. Diese lässt an eine „schmutzige“ Leipziger Schule denken oder an wilden Impressionismus. Passend zum Bildmotiv, scheint sich auch über die Malerei eine Patina gelegt zu haben. Aus größter Nähe interessieren hier die malerischen Details, die sich abstrakt auflösen. Farbe wird nicht dünnflüssig, sondern pastos aufgetragen. An einigen Stellen aufgedrückt und wieder abgetragen oder abgekratzt und dann wieder übermalt. Gestik und Rauheit erkennt man ebenfalls nur, wenn man der Leinwand direkt in die Augen schaut. In kleinen Strichen schlägt sich ein chaotischerer Pinselduktus nieder, ohne jedoch die figürliche Darstellungsprämisse zu stören, die das Bild im Ganzen ausmacht.

Die Gemälde stehen alle im Zusammenhang, ohne dass sie zu konkreten Werkserien gehören. Fritz Bornstück malt an einer Welt, die sich immer weiter ausbaut. Die einzelnen Bilder fügen sich als loses Netzwerk zu einer Landschaft, die sich im Inbegriff der leisen Ausdehnung befindet. Während die Instrumente verstummen, hört man das Rascheln der Vögel und Mäuse. Malerei funktioniert als Expedition, ohne Pauken, dafür im Geiste einer Trash-Romantik in leichter Melancholie. „Diese kann in Berlin-Neukölln beginnen, sich in abgelegenste Orte verirren, in Steppen und Dschungel führen oder wohin auch immer die Assoziationen einen bringen, in ein ‚Wasteland‘. Mit den Blicken wandern die subjektiven Eindrücke durch die malerisch verdichteten Szenen aus Alltagsschrot, Natur und Konsum- und Spätigütern. Vorm inneren Auge läuft ein persönlicher Film und führt dann doch zurück ins Hier und Jetzt und zur Oberfläche der Bilder und ihrem Gemalt-sein: Farbe, Oberfläche, Spuren“, so beschreibt Fritz Bornstück seine Expeditions-Malerei.

Im Groben lassen sich die Orte auf seinen Gemälden in drei Kategorien einordnen: Die dichten, gartenähnlichen Schauplätze, die weiten Nachtkulissen und die Zwischenräume, von Glühbirnen beleuchtete Innenräume, Wände und Nischen, die von Naturhaftem überwuchert werden. In einer nächtlichen Ödnis ist eine Kinobank für Zwei aufgestellt. Sie ist leer. Davor lodern die Objekte in rot-gelbviolett-grünen Flammen. Ein Pirol ist anwesend – ein allwissender Bewohner, der sicherlich erlebte, was hier war, wer hier war, und wer aus dem Bild wieder verschwunden ist. Doch er schweigt, blickt ins Feuer und wird bald wieder aufbrechen, ins nächste Gemälde hinein.

Qualmen tut es öfter, auch mal aus einem Susaphon. Feuerlöscher stehen bereit, doch sie werden nichts ausrichten. Bornstücks Keramikobjekte, wie der Feuerlöscher, die Zigarettenstummel oder der Ghettoblaster, sind wie eine Hommage. Sie verneinen den einstigen Gebrauch und stellen das Objekt als Erinnerungsauslöser an Jugendkulturen, Geräusche, Gerüche, emotional verbundene Momente und haptische Erfahrungen dar.

Die Abwesenheit der Menschen in Fritz Bornstücks Welten ist entspannend. Wären sie da, würden sie erneut nach den Gegenständen greifen, versuchen einzugreifen, wäre die angenehme Ruhe dahin. Ob sie nur woanders sind, oder ob es sich hier um Orte eines ‚Danachs‘ handelt, nach den Menschen, bleibt offen.

Fritz Bornstück (*1982 in Weilburg/Lahn) lebt und arbeitet in Berlin und Neuhardenberg. Nach einem Studium der Mathematik in Mainz wechselte er zur Bildenden Kunst und studierte zunächst in Mainz bei Friedemann Hahn, dann an der UDK in Berlin bei Leiko Ikemura, Björn Dahlem, Felix Schramm und Tillmann Küntzel. 2009 beendete er sein Studium als Meisterschüler von Thomas Zipp und erhielt im Anschluss das renommierte Stipendium bei ‘De Ateliers’ in Amsterdam. Einzelausstellungen seiner Werke gab es u.a. in Kopenhagen, Paris, Zürich, Stockholm, München, Frankfurt und Berlin. Werke von Fritz Bornstück finden sich u.a. im Argen Museum in Kopenhagen und in zahlreichen Privatsammlungen.

FRITZ BORNSTÜCK Buschfunk

29. Juni 2023 – 19. August 2023

68projects by KORNFELD

Veröffentlicht am: 08.06.2023 | Kategorie: Ausstellungen, Kunst,

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