Ein Film von MASCH für KUNSTLEBEN BERLIN
Pressemitteilung
Blain|Southern Berlin freut sich, neue und erst kürzlich entstandene Fotografien von Wim Wenders zu präsentieren. In der seit über einem halben Jahrzehnt ersten Ausstellung des Künstlers in seiner Wahlheimat Berlin sind Bilder aus Deutschland und Amerika zu sehen – beides Länder, die den Künstler seine gesamte Laufbahn hindurch am meisten geprägt haben.
Der Titel der Ausstellung, Time Capsules. By the side of the road, ist eine Anspielung auf die Beziehung zwischen Erinnerung und Fotografie und stellt die Fähigkeit des Fotografen heraus, einen Moment der Vergangenheit einzufangen und ihn für die Zukunft festzuhalten.
In der Haupthalle der Galerie stehen Stadt- und Naturräume in einem Dialog: Landschaftspanoramen rund um Berlin treffen auf Bilder der sich wandelnden Stadt der frühen 90er-Jahre. Der Dschungel aus Baukränen, Metall und Beton auf dem Foto Potsdamer Platz (1995) spiegelt sich auf schroffe Weise im dichten Laubwerk auf Forest in Brandenburg (2014) wider.
Landscape near Wittenberge, Germany (2014) beschwört mit seinen Bäumen, die der Malerei von Camille Corot oder Caspar David Friedrich ähneln, die Stimmung romantischer Gemälde aus dem 18. und 19. Jahrhundert herauf. Wim Wenders, der in der Nachkriegszeit in Düsseldorf zwischen Trümmern und Spuren der Zerstörung aufgewachsen ist, erinnert sich aber auch an die Drucke von französischen und niederländischen Landschaftsgemälden an den Wänden in seinem Elternhaus, die ihm „einen vollkommen unbekannten Aspekt der Welt zeigten“. Auf einer anderen Fotografie, The Elbe River near Dömitz (2014), ist die Elbe von dem anderen Ufer zu sehen als vor 40 Jahren in seinem Film Im Lauf der Zeit.
Der Künstler beschreibt, dass es in seinen Werken darum geht „den Menschen die Orte der Welt zu zeigen, auf die ich gestoßen bin und die mir gefielen; die Fotografie gibt mir die Chance, die Orte zu ihnen zu bringen“. So zeigt sein neuestes Panorama in einer Breite von viereinhalb
Metern die epische Landschaft des amerikanischen Westens – eine Gegend, die Wenders bekanntermaßen sowohl filmisch als auch fotografisch weitläufig erkundet hat.
Viele der Werke in der Ausstellung zeigen Orte, die sich schon längst verändert haben, sodass die Bilder selbst zu Portalen in vergangene Momente oder Räume werden. Wenders sagt dazu: „Ich sehe mich als Dolmetscher, als Überbringer und als Hüter […] von Geschichten, die mir die Orte erzählen.“
Im oberen Galerieraum sind kleinformatigere Fotografien zu sehen, die facettenreiche Geschichten aus Deutschland und Amerika erzählen: Ein riesiger Salzberg ragt über einer gespenstisch stillen Stadt, eine durchlöcherte Kinoleinwand steht ausgemustert und verlassen herum, eine Frau sitzt allein am Ende der Theke einer amerikanischen Bar.
Die Ausstellung fördert einen Dialog zwischen den beiden Ländern, in denen Wenders lange Zeit lebte und arbeitete: „Ich glaube, ich habe Amerika mit weit geöffneten Augen betrachtet und sowohl als Fotograf als auch als Filmemacher erschien mir ‘die amerikanische Landschaft’ ganz allgemein überaus reizvoll. Vielleicht hat es mir die lange 15-jährige Abwesenheit aus Deutschland ermöglicht, auch die Orte in Deutschland mit ebenso weit geöffneten Augen zu sehen. Eins hat sich nicht geändert: In diesen Landschaften, seien es deutsche oder amerikanische, suche ich immer noch nach den Spuren der Zivilisation, der Geschichte oder der Menschen.“
Wim Wenders
Wim Wenders (*1945) ist einer der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films der 70er- Jahre. Neben seiner Tätigkeit als Regisseur atmosphärischer Autorenfilme arbeitet der Künstler auch mit dem Medium der Fotografie. Seine prägnanten Bilder unwirtlicher Landschaften sprechen viele Themen an: Erinnerung, Zeit, Verlust, Sehnsucht und Bewegung.
Wenders studierte Medizin und Philosophie, bevor er sich in Paris der Malerei und dem Kupferstich zuwandte. Seine Karriere als Filmemacher begann 1967, als er an der gerade gegründeten Hochschule für Fernsehen und Film in München sein Studium aufnahm.
Zusammen mit zwölf weiteren Autorenfilmern gründete er 1971 den Filmverlag der Autoren. In den folgenden Jahren drehte Wenders seine Road-Movie-Trilogie Alice in den Städten (1973), Falsche Bewegung (1974) und Im Lauf der Zeit (1975), in denen sich seine Protagonisten mit ihrer Wurzellosigkeit im Nachkriegsdeutschland auseinandersetzen.
Für seinen Film Paris, Texas gewann er auf dem Filmfestival von Cannes 1984 die Goldene Palme und wurde mit dem britischen Filmpreis BAFTA für die Beste Regie ausgezeichnet. Einen weiteren Preis für die Beste Regie gewann er in Cannes für seinen von der Kritik umjubelten Film Himmel über Berlin von 1987. Erst kürzlich wurde ihm auf der Berlinale 2015 der Goldene Ehrenbär für sein Lebenswerk verliehen. Zudem wurden seine Dokumentarfilme Buena Vista Social Club (1999), Pina (2011) und Das Salz der Erde (2014) für den Oscar nominiert.
Wenders wurde 1984 Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Mehrere Universitäten verliehen ihm die Ehrendoktorwürde: die Pariser Universität Sorbonne (1989), die Theologische Fakultät der Universität Fribourg (1995), die Universität von Louvain (2005) und der Fachbereich Architektur an der Universität von Catania (2010). Wenders ist Präsident der Europäischen Filmakademie und Träger des Ordens Pour le Mérite. Er lehrt seit langem als Professor für Film an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
Seit 1986 werden Wenders Fotografien weltweit in Museen und Galerien ausgestellt, darunter Centre Pompidou, Paris (1986), Hamburger Bahnhof, Berlin (2001), Guggenheim Bilbao (2002), Museum of Contemporary Art, Sydney (2003), Kunstmuseum Shanghai (2004); Scuderie del Quirinale, Rom (2006),
Museu de Arte de São Paulo (2010), Deichtorhallen, Hamburg, Multimedia
Art Museum, Moskau (2012), Fundació Sorigué, Lleida (2013), Villa Pignatelli, Neapel, und GL
Strand, Kopenhagen (2014). Eine große Retrospektive seiner Fotografien war 2015 im Museum