Babylon zeigt das filmische Theater “Der verlorene Vater” von Thomas Martius
Die Live-Performance „Der verlorene Vater“ erzählt mit grell-bunten 8mm-Amateurfilmaufnahmen eine fiktive Familiengeschichte, die sich über die USA und Deutschland bis nach Ex-Jugoslawien ausbreitet. Premiere: Mittwoch, 4.12.2019, 20 Uhr
Weitere Vorstellungen: 5., 7. + 8.12.2019, jeweils 20 Uhr
Eintritt: 9 € / 7 € ermäßigt, Dauer: max. 2 Stunden, OmU (dt/eng).
Das grobkörnige Super-8-Material wurde in den 1960er und 70er Jahren nur sparsam eingesetzt – ohne Autofokus und Mikrofon, in einer Ära vor Home-Video und Internet. Die Ausschnitte der vergangenen Wirklichkeiten aus drei ganz unterschiedlichen Ländern zeigen überraschende Ähnlichkeiten: Hinter der Kamera standen meist die Väter als Regisseure des Familienlebens. Das sind sie heute nicht mehr.
Das Theaterereignis im Babylon wird durch heutige cineastische Filmaufnahmen erweitert, alte Inszenierungen werden vergegenwärtigt und neuen Sichtweisen gegenüber gestellt. Ein Wandel wird deutlich – bei allem Gepäck, das zu tragen ist. Die dokumentarische Fiktion an der Schnittstelle von Film und Theater ist der komplexe Versuch einer Enttraumatisierung.
Zum Inhalt
SELMA, ein Kind der 90er aus New York, hat ein paar Probleme und begibt sich auf die Suche nach ihrer Herkunft. Im Kino auf der Bühne deckt sie Familiengeheimnisse auf, von denen sie keine Ahnung hatte. „Das Schweigen frisst sich durch alle Schichten des Körpers bis in die nächste Generation.“ Hilfe bekommt sie von RICHARD SCHÖR, dem Rechercheur, von FRAU KATTEL, der Therapeutin und von ihrem Freund TONY, der Selma hinterher reist und Musik macht.
Per Video wird das Ensemble erweitert: STAN, der amerikanische Großvater führt nie gesehene 8mm-Aufnahmen aus dem Vietnamkrieg vor. Seine Ex-Frau EMMA aus Montana sorgt als ehemalige Mary Wigman-Schülerin für freiere Bewegung. Deren Sohn MIKE (Selmas Vater) bringt die 8mm-Aufnahmen, die ihn als Kind zeigen, in eine neue, kritische Perspektive. Seine Frau HANA, Selmas Mutter, ist 1993 aus Jugoslawien geflohen und lebt seitdem erfolgreich den amerikanischen Traum – den Selma hinterfragt. In Berlin trifft Selma auf HARTMUT, der Dresden 1945 noch hat brennen sehen. Hartmuts 8mm-Filme zeigen nicht nur die ZDF-Hitparade mit Bata Illic, sondern auch DDR-Panzer auf dem Alexanderplatz. DJULA, Hanas Cousine, führt Familienfilme aus Sarajevo und Mostar vor, und vor allem aus Banja Luka, dem Geburtsort von Hana.
Mitwirkende
auf der Bühne
Tania Feurich: SELMA
Petra Steuber: Autorin und FRAU KATTEL
René Ritterbusch: Textarbeit und RICHARD SCHÖR
Lutz Gallmeister: Sounddesign und TONY
auf Video
Ulli Kinalzik: HELMUT LASCHEK
Renata Britvec: Textarbeit und DJULA
Emma Lewis Thomas: Textarbeit und EMMA
Paul Wagner: STAN
Daniel Mufson: Textarbeit und MIKE
Tania Feurich: HANA
hinter der Bühne
Thomas Martius: Konzept, Autor, Video, Regie
Florian Brossmann: Technische Leitung und Umsetzung
Benjamin Bayer: Kamera für die Hotelszenen
Marion Levy: Bild- und Filmrechte
Caterina Veronesi: Maske für Hana
8mm-Material u. a. von Goran Barac, Detlev Höselbarth, Ancus Martius, Ulrich Martius, Paul Wagner
Produktion
Thomas Martius
Dank an
Tatjana Albrecht, Ulrike Boldt, Silke Ewald, Stefan Frohloff, Gerald Grote, Detlev und Karin Höselbarth, Hotel Indigo am Ku’damm, Carola Lehmann, Mario Loose, Mario Mance, Familie Martius, Jeffrey Nashan, Claus Oppermann, Die Perücke Berlin, Marc Pfretzschner, Emma Lewis Thomas, Tatjana Tica und Goran, Familie Wagner, Wohnung Funk
„Der verlorene Vater“ ist gefördert durch die Einzelprojektförderung 2019 der Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin.
Das Berliner Kino Babylon hat eine beeindruckende, sehr lange Geschichte, die es lohnt, gelesen zu werden.
Foto: Benjamin Bayer, Georges Gobet, Thomas Martius
Datum: 4.12.2019 – 9.12.2019