Das Berliner Aktionsbündnis fair share! lädt wie immer am 8. März, am Weltfrauentag, zu einer symbolischen Aktion am Spreeufer vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus ein, um dort für mehr Sichtbarkeit für Künstlerinnen einzutreten. Und da der Weltfrauentag 2023 direkt dem Equal Pay Day in Deutschland folgt, der am 7.3. ist, steht das Thema des Protestes auch fest: Es geht um die Forderung nach gerechter und angemessener Bezahlung der Arbeit, verbunden mit der Sichtbarkeit und Anerkennung des weiblichen Potentials in der Bildenden Kunst.
So schreiben die Veranstalterinnen in ihrer Pressemitteilung: „Wir Künstlerinnen und weibliche Kulturschaffende gehen am diesjährigen Weltfrauentag als Repräsentantinnen der Gesellschaft direkt ins Zentrum politischer Entscheidungsfindung: Zwischen
Marie-Elisabeth-Lüders- und Paul-Löbe-Haus sowie mit Blick auf den Bundestag werden fair share! Akteurinnen in pink in einem Buchstaben-Scrabble immer wieder neue Slogans bilden, während von der “Feminist Corner” Tatsachen, Utopien, Wünsche und Forderungen an die Politik artikuliert werden. Als besonderes Highlight wird auf der Spree der alte Floßschlepper Aurora pink beflaggt mit weiteren Aktivistinnen an Bord zwischen Museumsinsel und Humboldthafen für Aufmerksamkeit sorgen.“
Gründe für diese Aktion gibt es nach wie vor mehr als genug und es ist eigentlich eine Schande, dass man im 21. Jahrhundert immer noch dafür kämpfen muss, dass Frauen gerecht und angemessen entlohnt werden. Auch in der Bildenden Kunst ist das nach wie vor ein Thema. Dort liegt der Gender Pay Gap mit 30 Prozent nochmal deutlich höher als gesamtgesellschaftlich (18 Prozent). Das bedeutet, dass Bildende Künstlerinnen 2023 bis zum 19. April für ihre Leistungen quasi unbezahlt bleiben. Dies lässt sich laut der Recherchen von fair share! auf strukturelle Unterschiede und immer noch virulente Geschlechterstereotype in der Kreativwirtschaft zurückführen. „So zeigen die mit Steuergeldern subventionierten Museen und Ausstellungshäuser sowie die Kunstsammlungen des Bundes eklatante Unterschiede in der Repräsentation von Künstlerinnen und Künstlern.“
Es lässt sich einfach nicht schönreden, dass sowohl der private als auch der institutionelle Kunstbetrieb seit Jahrhunderten von männlichen Akteuren dominiert wird. So bestimmen Macht und Geld auch heute noch, wer oder was gezeigt, gesammelt und angekauft wird. Trotz vieler Bemühungen und Ansätze sind die Werke vieler kunstschaffender Frauen nach wie vor weniger sichtbar und werden zu wesentlich günstigeren Preisen angeboten (Gender Discount), wodurch ein eklatanter Gender Pay Gap entsteht. Laut Angaben der Künstlersozialkasse liegt das durchschnittliche Einkommen der Künstlerinnen in Deutschland weit unter der Armutsgrenze, wobei sorgearbeitende und alleinerziehende Frauen besonders betroffen sind.
Dass hier politisches Handeln dringend geboten ist, sollte keine Frage, sondern vielmehr Konsens sein.
Fair share! wurde 2020 von den Künstlerinnen Ines Doleschal und Rachel Kohn gegründet und ist mittlerweile breites Bündnis von Bildenden Künstlerinnen, Kunsthistorikerinnen und anderen Kulturschaffenden und -interessierten aus Berlin mit überregionaler Wirkung. Neben den Hauptaktionen, die jährlich zum Weltfrauentag vor prominenten Museen in der Stadt, in denen Kunstwerke von Frauen stark unterrepräsentiert sind, stattfinden, treten sie für wenig beachtete Einzelkünstlerinnen (z.B. Anna Dorothea Therbusch), für Genderparität in der Vergabe von Förderungen und Stipendien sowie für gerechtere Honorierung weiblichen Kunstschaffens und kunstaffiner Tätigkeiten im Kulturbetrieb ein. Gleichzeitig versteht sich das Aktionsbündnis als Plattform für Austausch und Empowerment zur Förderung von Teilhabe, Diversität und Avantgarde.
Weitere Informationen: https://www.fairshareforwomenartists.de/
Was für eine wichtige und konsequente Arbeit! Großartig!
Ich, Jahrgang 58, bin seit knapp 40 Jahren Freischaffende Künstlerin und habe unzählige “Geschichten” erlebt, in denen auf allen Kunst-schaffenden-Ebenen die Dominanz der “Männer unter Männern” noch nicht einmal in Frage gestellt werden konnte/durfte.
Anfang der 90-er Jahre hat mir die vermeintliche “Befreiung” der Frau in der Kunst, durch Frauen-Quoten-Kunst den letzten “Mut” und mein eigenes Selbstverständnis zusätzlich ramponiert.
Ich wollte nicht durch eine Quote – von Museumsmachern geduldet, bis belächelt – in einem kleinen, hübschen “Frauenlaufställchen” ausgestellt werde. – Ich bearbeite ein Thema. Und dieses Thema bearbeite ich als Mensch unter Menschen, für Menschen….
Ihr, mit eurer Arbeit und eurem Ansatz habt all diese Klischees längst hinter euch gelassen und macht souverän euer Ding, unter dem Motto: Ärmel hoch und ran! Ihr habt viel für das NEUE Selbstverständnis der Frauen (in der Kunst) getan. Und die Zeitqualität arbeitet auf allen Ebenen der Gesellschaft mit. Bravo!