Aktionskunst

Aktionskunst - Jeannette Hagen für Kunstleben Berlin

Ich weiß nicht, ob Du es verfolgt hast, aber vor ein paar Tagen hat ein Aktionskünstler in Berlin ein sehr spannendes Stück auf die Straße gebracht. Kein Theaterstück, sondern eine Performance, mit der er darauf aufmerksam machen wollte, wie Google unser Leben bestimmt und dazu auch unsere Daten abgreift. Wie er das gemacht hat? Mit einem roten Bollerwagen und 99 Second Hand Android-Handys. Mit denen ist er durch unbefahrene Straßen gezogen und da Google die Ortsdaten der Handys auswertet, hat er damit den Anschein eines Staus erzeugt. So einfach wie genial. Und gleichzeitig so bedenkenswert.

Der Künstler heißt übrigens Simon Weckert und er schreibt auf seiner Webseite: „Der Kartendienst von Google hat unser Verständnis davon, was eine Karte ist, wie wir mit Karten interagieren, ihre technologischen Grenzen und ihr ästhetisches Erscheinungsbild grundlegend verändert.  Auf diese Weise nimmt Google Maps virtuelle Änderungen an der realen Stadt vor. Anwendungen wie ‘Airbnb’ und ‘Carsharing’ haben einen immensen Einfluss auf die Städte: auf ihren Wohnungsmarkt und ihre Mobilitätskultur zum Beispiel. Auch auf die Art und Weise, wie wir einen romantischen Partner finden, haben wir dank Dating-Plattformen wie “Tinder” und dank der Jogging-App “nike” einen großen Einfluss auf unser selbstquantifizierendes Verhalten.“

Was setzen wir dem entgegen? Warum lassen wir uns von einem Großkonzern unsere Leben diktieren und damit unsere Freiheit einschränken? Warum bezahlen wir auch noch dafür, dass wir ausspioniert werden? Das sind Fragen, die diese Aktion bei mir aufwirft und ich bin Simon Weckert dafür sehr dankbar. Wir brauchen solche Aktionen, um ab und zu mal wachgerüttelt zu werden – in dem Fall darüber nachzudenken, wie schizophren es ist, auf der einen Seite gegen einen Überwachungsstaat zu sein, auf der anderen Seite aber völlig losgelöst einen der mächtigsten Konzerne mit Daten zu füttern. Dass das nicht nur eine Frage danach, welche Werbung ich bekomme, ist, hat der Skandal um Cambridge Analytica gezeigt.

Kunst ist eine Möglichkeit, so etwas in den Fokus zu rücken. Besonders die Aktionskunst überrascht mich da immer wieder. Sie staatlich zu fördern oder auch mal privat zu unterstützen, wenn über Crowdfunding Geld gesammelt wird, halte ich für immens wichtig. Sonst ist die Gefahr groß, dass wir uns einlullen lassen. Sind wir wach und aufmerksam,  haben wir die Möglichkeit zu überdenken, was wir wollen und was nicht und vielleicht ja auch mal die AGB‘s der Apps zu studieren, die wir meist nebenbei und ungelesen unterzeichnen.

Veröffentlicht am: 08.02.2020 | Kategorie: Ausstellungen, Kolumne Jeannette Hagen, Kunst - was sonst noch passiert, Redaktion-Tipp, | Tag: Kolumne Jeannette Hagen,

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