Oskar Holweck – Arbeiten mit Papier

Oskar Holweck - Arbeiten mit Papier

Papier als Skulptur, als Sprache, als Widerstand gegen das Flüchtige: Die Saarländische Galerie in Berlin präsentiert mit „Oskar Holweck – Arbeiten mit Papier“ eine Hommage an einen der radikalsten Materialforscher der Nachkriegsmoderne. In einer Zeit, in der digitale Bilderfluten dominieren, lädt Holwecks Werk dazu ein, das Sehen neu zu lernen – durch Risse, Falten und Schatten. Ein stiller Pionier, der zweimal die documenta ablehnte und dennoch die Kunstgeschichte prägte. Was sagt uns ein Stück Papier heute über Form, Licht und Raum?

Die Ausstellung zeigt zentrale Werkphasen des Künstlers, von frühen Tuscheexperimenten bis zu den ikonischen Reißarbeiten der 1980er und 1990er Jahre. Holweck verstand Papier nicht als Träger, sondern als eigenständiges Medium – ein Material, das er durch Reißen, Falten, Drücken und sogar Sengen in Bewegung versetzte. Seine Arbeiten sind Studien des Lichts und der Wahrnehmung, geprägt von einer minimalistischen Ästhetik und tiefem Materialverständnis.

Er nahm an Aktivitäten und Ausstellungen der Gruppe ZERO teil und hat zweimal eine Einladung zur Documenta-Teilnahme abgelehnt: Der 1924 im Saarland geborene Oskar Holweck gehört zu den bedeutenden Vertreter*innen Konkreter Kunst nach 1945. Die Saarländische Galerie gibt mit einer konzentrierten Auswahl Einblick in alle Phasen seines Werks: von den frühen Experimenten mit Tusche bis zu den späteren Reißarbeiten der 1980er und 1990er Jahre.

Kaum ein anderer Künstler hat das Papier als künstlerisches Material so konsequent auf seine Möglichkeiten hin erforscht wie Oskar Holweck. Es ging ihm darum zu zeigen, welche Vielfalt an Formen und Gestaltungsmöglichkeiten in einem einfachen Blatt weißem Papier angelegt sind. Risse, Falten, Wellen, Dellen, Beulen, Hohlräume – da, wo viele Betrachter*innen verformtes Papier sehen, erkannte Oskar Holweck Licht und Schatten, Körper und Räume, Formen und Bewegungen. Holwecks Interesse an den spezifischen Eigenschaften des Materials ließ ihn in Serien arbeiten. Wiederholungen und Differenzierungen von Eingriffen in das Papier waren für ihn Wahrnehmungsstudien und eine Schule des Sehens. Künstler, Vermittler, Theoretiker? Oskar Holweck sah sich selbst als einen Forscher, der „Auskünfte über Ästhetik“ gab. Schreiben und Sprechen über sein Konzept waren Teil seiner Arbeitsweise. Präzise hat er sein Anliegen und seine Motivation dargelegt:

„Seit 1958 stelle ich Untersuchungen mit weißem Papiermaterial an. Mein Hauptanliegen ist, dem Material Formen seiner eigenen Art abzugewinnen und dabei die Auswirkung des Lichtes auf Oberflächen, in Hohlräumen und durch Materialeigenschaften bedingt, zu konkretisieren. Für die Arbeit mit Papier heißt dies: Biegen, Knicken, Knüllen, Falten, Knittern, Drücken, Pressen, Stauchen, Strecken, Ritzen, Durchstoßen, Reißen, Schlitzen, Schneiden, Kleben, Klopfen, Schlagen, Bohren, Sägen usw. bis Sengen, Erhitzen, Brennen. Auf meine behutsame, oft karge „Ansprache“ an das Material reagiert es mit einer für mich immer wieder überraschenden und kaum vorhersehbaren reichen Formen- und Farben- „Sprache“. Ich kann also zu Beginn eines Arbeitsprozesses nie exakt voraussagen, was am Ende geschehen wird. Ich lebe während meiner Arbeit ständig in Konflikt zwischen meiner Aktion und der Reaktion des Werkstoffes, schließlich in Konfrontation mit mir selbst. Das ist sicherlich ein wesentlicher Grund, weshalb ich dies tue.“

Ein besonderer Dank gilt allen institutionellen und privaten Sammlern für ihre großzügige Bereitschaft, die Arbeiten für diese Ausstellung zur Verfügung zu stellen: Institut für aktuelle Kunst, Saarlouis, Landeshauptstadt Saarbrücken, Ministerium für Bildung und Kultur – Saarland, Privatsammlung Mainz, Privatsammlung Berlin, Sammlung Wolfgang und Gisela Agne, Blieskastel, Sparkasse Saarbrücken, Stadt St. Ingbert.

Biografie

1946–49 Studium der Malerei bei Boris Kleint, Staatliche Schule für Kunst und Handwerk, Saarbrücken; 1949–51 Ecole des Arts Appliqués à l’Industrie und Académie de la Grande Chaumière, Paris/FR; 1951–56 Assistent von Boris Kleint, Staatliche Schule für Kunst und Handwerk, Saarbrücken; 1956–89 Leitung Grundlehre, Staatliche Schule für Kunst und Handwerk, Saarbrücken, dann Leitung Gestaltungslehre, Fachbereich Design, Fachhochschule des Saarlandes; 1957–61 Mitglied der „Neue Gruppe Saar“, Saarbrücken; seit 1958 Beteiligung an den Ausstellungen der Gruppe ZERO; 1959 (+1972) Einladung zur documenta, nicht angenommen; 1960–61 Mitglied der Nouvelle École Européenne, Lausanne/CH; 1960–86 Mitglied des Deutschen Werkbundes; 1966–70 Ausstellung “Sehen” in Köln, Zürich, Middlesbrough, Manchester, London, Bristol, Glasgow, Birmingham und Saarbrücken; 1978 Kunstpreis des Saarlandes; 1994 Albert-Weisgerber-Preis für Bildende Kunst der Stadt St. Ingbert; 2007 verstorben.

Oskar Holweck (1924–2007)
Arbeiten mit Papier

24.04. – 07.06.2025

Saarländische Galerie – Europäisches Kunstforum

Veröffentlicht am: 01.05.2025 | Kategorie: Ausstellungen, Kunst,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert