BEAT ZODERER – Konkrete Aquarelle

Was passiert, wenn konkrete Kunst plötzlich flirrt wie ein Aquarell? Wenn Geometrie zu schimmern beginnt, und sich Farbfelder scheinbar schwerelos überlagern? Beat Zoderer wirft in seiner neuen Ausstellung mit der Wahrnehmung Pingpong – zwischen Präzision und Poesie, Raster und Romantik. „Konkrete Aquarelle“ klingt nach Widerspruch, ist aber pure Einladung: zum Eintauchen in eine Bildwelt, in der jedes Quadrat atmet, jede Farbe Raum öffnet – und die Ordnung flüchtig bleibt. Ist das noch Struktur oder schon ein Traum in Acryl?

Erst seit wenigen Jahren widmet sich Beat Zoderer auch der klassischen Malerei. Für seine neusten Arbeiten verwendet der Künstler Acrylfarbe auf MDF-Platten oder Karton in variierenden Formaten. Vielfarbige, rechtwinklige Flächen, Gitter und Raster schieben sich in diesen Gemälden vor-, hinter- und übereinander. Die Transparenz der Farben, folienhaft genutzt, lässt die sich überlappenden Felder in Mischtönen erscheinen. Durch kleine, in ihrer Größe einheitliche, schwarze, weiße oder in Mischfarben auftretende Quadrate bekommt dieser Farbenreichtum eine Struktur, die das Vorne und Hinten, die Tiefe des entstehenden Raums zu ergründen hilft. Beat Zoderer ist in der konkreten, nicht abstrahierenden sondern grundsätzlich abstrakten Kunst verwurzelt, das optische Ausloten von Räumlichkeit ist eines seiner Hauptinteressen.

Die Verwendung der wasserlöslichen und damit so transparenten Acryl-Farbe führte zu der Betitelung der neuen Werkgruppe: „Konkrete Aquarelle“. In Analogie zu der japanischen, streng dreizeiligen Gedichtform tragen die meisten Arbeiten den Titel „Haiku“: Tatsächlich sind diese Gemälde aus drei Lagen Farbe aufgebaut. Ein Umstand, der den Betrachter verblüfft und in seiner Wahrnehmung herausfordert. Durch die Umsetzung physikalisch optischer Gesetzmäßigkeiten der substraktiven Farbmischung schafft Beat Zoderer eine erstaunliche Tiefe in diesen Bildern. Sie scheinen aus viel mehr Farbschichten zu bestehen und entwickeln einen starken Sog, gleichzeitig aber auch ein spielerisches Schweben der farbigen Elemente.

Eine Leichtigkeit bekommen diese Gemälde auch durch ihre jeweilige Farbauswahl,bei der sich Zoderer an der Palette romantischer Landschaftsmaler orientiert. Auch eine ferne Erinnerung an manche geometrische Arbeiten Paul Klees mag durch die Farbwahl und die Rhythmik aufkommen.

Bei aller exakt scheinenden Rechtwinkligkeit und konstruktiven Geometrie der Farbfelder weisen alle Bilder auch kleine Unperfektheiten auf: Zeugnisse des Entstehungsprozesses und der Handschrift des Künstlers. Die Strenge der Rasterung in Fläche und Tiefe wird durch diese individuellen Spuren, die der Künstler bewusst bestehen lässt, aufgebrochen. Auch hierdurch – wie in der Farbwahl – zeigt sich Beat Zoderers Streben nach einer romantisierenden Kraft seiner Gemälde: idealerweise mögen sie in ihrer komplexen Einfachheit der Entzauberung der Welt entgegenstehen.

Es ist eine wunderbare Ergänzung, dass auch einige neue dreidimensionale Reliefs präsentiert werden. Farbig lackierte Hölzer fügt Beat Zoderer in mehreren Lagen um ein gedachtes Zentrum und ordnet sie in Gitter-Strukturen an. In der Arbeit „Würfelspiel“ (2025) scheinen sich die kleinen Quadrate aus den Gemälden verselbstständigt zu haben und strukturieren mit ihrer räumlichen Tiefe ein zwei Meter hohes, schmales Wandobjekt.

– Alexandra Bresges-Jung

Beat Zoderer *1955 in Zürich, Schweiz
Er lebt und arbeitet in Wettingen, Schweiz und Genua, Italien

BEAT ZODERER – Konkrete Aquarelle

10. September 2025 – 1. November 2025

Taubert Contemporary

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