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Aïcha Khorchid: Les choses de la vie (the things of life)

2. Mai 2025 - 21. Juni 2025

Das Bild des Künstlers und der Künstlerin ist historisch von Mythen durchzogen, etwa der klassischen Idee von Kunst als Berufung, geprägt von einer inneren Notwendigkeit des Schaffens und bedingungsloser Hingabe an den künstlerischen Ausdruck. Eine Vorstellung, die heutzutage weitgehend entzaubert scheint. Kunst zu schaffen ist ein Beruf, ein Teil eines größeren Systems aus Produktion, Vermarktung und Nachfrage.

Dass dieser Mythos aber durchaus zutreffend sein kann, zeigt uns Aicha Khorchid. Das Leben als Künstlerin war für sie keine von klein auf gelebte Bestimmung,– zur Malerei fand sie erst vor fünf Jahren. Und doch verkörpert sie viele jener romantischen Vorstellungen, die von der Realität so oft widerlegt schienen. Nicht eine Akademie oder der Wunsch nach Anerkennung haben sie zur Künstlerin gemacht, sondern das Leben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit ihres Schaffens – die Untrennbarkeit ihrer Erfahrungen und deren künstlerischer Ausdruck.

Geboren 1981 in Karatschi, Pakistan flieht ihre Familien über den Libanon nach Frankreich als sie noch ein Säugling ist. Dort fällt die Familie auseinander. Es folgt ein instabiles, durch Brüche gekennzeichnetes Leben. Sie wächst in verschiedenen Pflegefamilien auf, erfährt Gewalt und Übergriffe, bricht die Schule ab und muss den Tod der Mutter kurz nach deren Wiedersehen erleben. Ruhe kehrt ein, als eine Freundin sie nach Mallorca einlädt, wo sie sich im Alter von 27 Jahren niederlässt.

Um das Jahr 2020 bringen sie persönliche Umbrüche dazu, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und findet so zur Malerei. Ohne akademische Ausbildung oder Vorkenntnisse beginnt sie, ihr Leben auf die Leinwand zu bringen. Ambitioniert tritt sie ihrer Vergangenheit in großformatigen Gemälden gegenüber, malt lebensgroße Portraits, Orte ihrer Kindheit und Erinnerungen.

Es braucht viel Kraft und Mut die schweren Holztafeln, größer als die Künstlerin selbst, zu bearbeiten und sich auf solch überwältigender Größe mit den eigenen Traumata zu beschäftigen. Die persönliche Bedeutung ihrer Arbeit und ihres Prozesses offenbart sich auch in Komposition und Ausführung. Während die Schauplätze ihrer Gemälde meist reduziert dargestellt sind, zwischen expressivem Duktus, abstrahierten Farbflächen und Jugendstil-ähnlichen Ornamenten, sind Gesichter und Haut ihrer Protagonisten voll Textur und Komplexität. Sie erscheinen gleichzeitig hart und rau aber auch fragil wie altes Pergament. Schicht um Schicht tritt die Künstlerin hier mit Pinsel und Farbe in einen intensiven Austausch mit den dargestellten Personen. Das Ergebnis ist roh, fast narbig, aber die Beziehung innig.

Komplementär zur intensiven Zwiesprache mit den Personen in ihren Bilder findet sich noch ein weiterer Fokus in ihrer Arbeit. Wie als bittersüßer Gegenpol ranken sich Blumen und andere Ornamente filigran über Fließen und Tischdecken. Ein Symbol der Überwindung ihrer Geschichte? Einer Erinnerung der Künstlerin an sich selbst, immer auch das Schöne zu sehen?

Erstmals ist in dieser Ausstellung nun auch eine Person aus Khorchids Gegenwart zu sehen. In Christophe portraitiert sie ihren Lebenspartner und zeigt damit wie tiefgreifend die Kunst, über die Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit hinaus, Eingang in ihr Leben gefunden hat.

Über die Zeit als Künstlerin sagt Khorchid, dass es die bisher schönste ihres Lebens war, eine Zeit der Besinnung auf sich selbst und den freien Ausdruck ihrer Gefühle. Man kann sich also doppelt freuen – über das Glück der Künstlerin sowie die Kraft ihrer Bilder, die auch uns einen Anstoß geben, über unsere Vergangenheit und zwischenmenschlichen Beziehungen zu reflektieren.

Text von Jonas Sanden

Details

Beginn:
2. Mai 2025
Ende:
21. Juni 2025
Veranstaltungskategorie:
Veranstaltung-Tags:
Eintritt: -

Veranstaltungsort

GNYP Gallery
Knesebeckstraße 96
Berlin, 10623 Deutschland
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Veröffentlicht am: 29.04.2025 | | Tag: intern,

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