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Fluchtpunkt Hanoi 1906–2025
3. April 2025 - 1. Mai 2025

Fluchtpunkt Hanoi 1906–2025
Ein Kunstprojekt von
Marina Ludemann, Nina DeLudemann, Ottjörg A.C., Thomas Gaschler
Rauminstallation mit Simultanvideoprojektionen (30 min).
4. April – 1. Mai 2025
roam projects e. V.
Lindenstraße 91, 10969 Berlin
Eingang am hinteren Ende des Gebäudes, gegenüber der W. M. Blumenthal Akademie des Jüd. Museums Berlin.
Kontakt: ottjoerg@concept-art.berlin, www.ottjoerg.com; https://www.roam-projects.eu
Öffnungszeiten: Mi.–Sa. 15:00–18:00 Uhr
Vernissage: Do., 3. April, 19–22 Uhr
Finissage Do., 1. Mai, 15–21 Uhr. Salted Ca Phé Gespräche mit den Künstler:innen
Die Ausstellung wird von Dr. Helen Adkins kuratiert.
Ausgangspunkt der Installation Fluchtpunkt Hanoi ist eine außergewöhnliche deutsche
Migrationsgeschichte im 20. Jahrhundert.
Die Protagonisten sind Harry Schünadel, seine Lebensgefährtin Le Thi Hai sowie deren Kinder Henri und Lina. Die Geschichte wird von Linas Tochter Marina, Schwiegersohn Ottjörg und Enkelin Nina aus der Familienperspektive reflektiert. Autor und Medienspezialist Thomas Gaschler fügt einen Blick von außen hinzu. Kulturelle Differenzen, die Frage des Zuhauses und die des Individuums im geschichtlichen Kontext werden unterschiedlich gewichtet und beleuchtet.
Fluchtpunkt Hanoi 1906–2025
roam projects e. V. 4. April – 1. Mai 2025
Harry Schünadel wird als 17-jähriger Sozialist 1906 in die Wittener Verschwörung verwickelt, die ein Attentat auf Kaiser Wilhelm II. plant. Als der Komplott aufgedeckt wird, flieht Harry,
dem eine Anklage wegen Hochverrats droht, aus Deutschland. Er wird von der Fremden-legion abgefischt. Als Franzose kämpft er in Nordafrika und ab 1921 in Indochina.
In Hanoi kommt Harry zur Ruhe. Zusammen mit der Vietnamesin Le Thi Hai, die als buddhistisches Cô-Đồng-Medium in einer Pagode tanzend die Geister der Toten beschwört und die Göttinnen ruft, bekommt er zwei Kinder, Henri und Lina. Als Lina drei Jahre alt ist, stirbt die Mutter. Die Kinder erleben die japanische Okkupation, die Besetzung durch nationalchinesische Truppen und den beginnenden Befreiungskampf der Việt Minh. Lina flieht immer wieder aus dem Internat in Haiphong ins Elternhaus nach Uong Bi. Nach Kriegsende, lebt sie in Hanoi und beginnt eine Schneiderlehre. 1950 stirbt Harry und die 18-jährige Lina verlässt Hanoi fluchtartig Richtung Paris. Mit dem Genfer Abkommen von 1954 verpflichten sich die Franzosen aus Indochina abzuziehen und die Vietnamesen in die technische Infrastruktur einzuweisen. Sohn Henri ist unter den letzten französischen Ingenieuren, die Nordvietnam verlassen. Inzwischen hat Lina ihren Traum wahr gemacht und eine Schneiderlehre an der ältesten Modeschule in Paris absolviert. Sie heiratet nach Düsseldorf und bekommt ihre Tochter Marina.
Mit über 80 Jahren reist Lina mit ihrer Familie nach Vietnam auf der Suche nach Spuren ihrer Vergangenheit. In Hầu Đồng Ritualen werden ihr Schwiegersohn und ihre Enkelin in Trance versetzt, um als Medien den Geist Harrys zu rufen, das Phantom, von dessen Existenz lediglich zwei Fotos, eine Grabinschrift und das Carnet Militaire der Fremdenlegion zeugen.
2024 stirbt Lina mit 92 Jahren in Berlin. Wie sie es sich gewünscht hat, verstreut Marina die Asche im Januar 2025 im Petit Lac (Hồ Hoàn Kiếm) in Hanoi.
Marina Ludemann
*1959 im Wirtschaftswunderland Deutschland; Kindheit und Jugend im katholischen Rheinland, siebenmal umgezogen, Studium in Tuübingen und Hamburg, Magister in Literaturwissenschaften. Der Enge einer Zeitungsredaktion durch Anstellung beim Goethe-Institut entflohen, nach 35 Jahren Internationalen Kulturaustausch zurück in Berlin.
Nina DeLudemann
*1993 in Sao Paulo. Studierte Bühnenraum an der UdK Berlin und Choreographie und Performance am Institut für Angewandte Theaterwissenschaften, Gießen. 2024 war sie Absolventin des Programms Kunst als Soziale Praxis in Hessen. Mit ihrer Arbeit möchte sie einen Beitrag zu interkultureller, (auto)kolonialismuskritischer Gemeinschaftsbildung leisten. Sie ist international tätig, zuletzt in Frankfurt, Hanoi und Porto Alegre.
Ottjörg A.C.
*1958 in Heidelberg. Studium der Philosophie und Publizistik, FU Berlin; bildende Kunst, Universität für angewandte Kunst Wien, Repin Institut St. Petersburg, HdK Berlin. Erste internationale Ausstellung 1989 Peking/China, seit 1999 globale Projekte. Werke in öffentlichen und privaten Sammlungen. Seit 2004 Lectures an Akademien und Kunsthochschulen.
Thomas Gaschler
Nach Studium der Kommunikationswissenschaft tätig als Filmkritiker, Fanzine-Herausgeber, Festival-Organisator, Sachbuchautor (Film), TV-Movie-Produzent, Drehbuchautor und Marketing-Spezialist. Konzipierte Industriefilme, Werbespots, Internetauftritte und Programm-Promotion für diverse TV-Sender.
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