Screen[far]shots . YURIY BILEY . KVOST SchauFenster

Yuriy Biley . KVOST SchauFenster
FREEDOM FOR ALL – The Value of These Words Also Depends on You (Freiheit für alle – der Wert dieser Worte hängt auch von Ihnen ab) ist eine Ausstellung von Yuriy Biley, die auf Archivfotos des deutschen Nachkriegsfotografen Rolf Goetze aus der Sammlung des Stadtmuseums Berlin zurückgreift, welche die wichtigsten Ereignisse des Kalten Krieges in West-Berlin dokumentieren. Biley lässt die Slogans stehen und verdunkelt die Umgebung, wodurch sie aus ihrem historischen Kontext gelöst werden und ihre Relevanz in unserer Zeit zeigen. Bileys Arbeiten sind eine Reflexion über die sowjetische Vergangenheit durch das Prisma der westeuropäischen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gegenwart – insbesondere des Krieges in der Ukraine. Er nutzt Goetzes Werk, um auf die heutigen politischen Spaltungen zu verweisen, die Ursache für die aktuellen Konflikte in Europa sind. Dabei lenkt er die Aufmerksamkeit insbesondere auf die imperialistischen Bestrebungen Russlands, die das Nachkriegsdeutschland geprägt haben, sowie sich heute mit der Invasion der Ukraine und dem brutalen Wiederaufleben eines autoritären Regimes zeigen, das nicht davor zurückschreckt, souveräne Grenzen zu überschreiten. Anhand der historischen Fotografien zeigt der Künstler die Aktualität der auf den Straßen Westberlins platzierten Slogans auch für die heutige Zeit. In ihnen ist die kollektive Unterstützung des Westens zu erkennen, von der die Ukraine heute abhängig ist. Diese Slogans aus der Vergangenheit Berlins, die zum Kern der Werkserie wurden, sind die Werte, für die die Ukraine heute kämpft.

Musikprogramm zur Eröffnung . 25.01.2023 . 19 bis 21 Uhr
Die Eröffnung wird von ukrainischen Musikern begleitet. Das Programm beginnt mit einem einstündigen House/Electro-Set von be_ca_di (Resident von den Musiklabels OCHI und shum.rave). Danach spielt othersidecoma (Resident von dem Musiklabel ОЧІ), der aus Toronto nach Berlin gereist ist, eine halbe Stunde LIVE experimentelle Elektronik. Zum Abschluss präsentiert the tomi seine Ambient/Drone-Sounds.

Yuriy Biley wurde 1988 in der Ukraine geboren und ist Künstler und Kurator. Im Jahr 2011 machte er seinen Abschluss an der Nationalen Kunstakademie in Lviv. Seit 2015 lebt er in Polen. Die Praxis des Künstlers konzentriert sich auf Themen im Zusammenhang mit der Erfahrung der Emigration. Er schafft Installationen, Collagen und Werke mit post-künstlerischem Charakter. Die meisten seiner Projekte basieren auf persönlichen Erfahrungen, die er durch Anleihen und Zitate konstruiert. Über das Thema der Emigration hinaus, sind die Arbeiten eine Reflexion über aktuelle soziale und politische Ereignisse. Sein Interesse gilt dem Text und dem Einfluss der Sprache als kulturellem Faktor.
Biley ist Mitbegründer und Mitglied der Open Group (seit 2012) und kuratierte 2019 den ukrainischen Pavillon auf der 58. Kunstbiennale in Venedig. Biley ist außerdem Kurator und Mitbegründer von zwei Galerien, Detenpyla – Lviv, Ukraine und NEW GOLD – Wroclaw, Polen. In diesem Jahr wurde er für den wichtigsten ukrainischen Preis für junge Künstler:innen, den PinchukArtPrize, nominiert.

Screen[far]shots
Immersiv versucht Screen[far]shots die Betrachtenden zum Innehalten zu bewegen, den Blick weg vom persönlichen Bildschirm auf das KVOST SchauFenster zu lenken und somit eine Situation neu zu beleuchten, die seit über einem Jahr die Berichterstattung im Westen beherrscht: Krieg in Europa, Krieg in unserer direkten Nachbarschaft. Sorgte die medial verbreitete Unmittelbarkeit der russischen Angriffe und der ukrainischen Verteidigung anfangs für Betroffenheit und eine daraus resultierende Solidarität, werden die Bilder der Gräueltaten mit jedem verstreichenden Monat alltäglicher. Die Bilderflut des Schreckens, immer abrufbar und allgegenwärtig auf unsere Bildschirme übertragen, sorgt für ein wachsendes Bedürfnis des Wegsehens oder für die Unvermeidbarkeit einer abstumpfenden Empathie.
Mittels multimedialer künstlerischer Positionen und ohne durch brutale Bilder die alltäglich werdenden Aufnahmen des Schreckens zu reproduzieren, versucht Screen[far]shots die Aufmerksamkeit wieder auf das zu lenken, was entscheidend ist: Empathie mit dem Leid, welches Menschen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft tagtäglich erleben müssen. Leid, welches sich nicht durch das Sperren des Bildschirms ausschalten lässt.