Garden of Delete – Inflections

Die Gruppenausstellung Garden of Delete widmet sich der Kunst radikaler Reduktion. Dazu werden im Pavillon des HAUNT die sieben zeitgenössische Künstler*innen Kate Albrecht Fulton, Alice Dittmar, Delia Jürgens, Leon Manoloudakis, Marie Rief, Qui Shihua, Dimitris Tampakis mit ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründe zusammenkommen, um in einem architektonischen Parcours materialisierte „Leerstellen“ zu einander zu setzen. Mit „Leerstellen“ sind in diesem Falle bildnerische Arbeiten bezeichnet, die sich durch ihre variantenreichen Verdichtungen von ausgelöschter oder verweigerter Information einem direktem rationalen und assoziativem Zugang weitgehend entziehen und sich damit als nahezu autonome Gebilde von spezifischer „Andersartigkeit“ im Raum etablieren.

„Zu Stifters ersten Erinnerungen gehörten die dunklen Flecken in ihm. Später wusste er, dass es Wälder gewesen sind, die außerhalb waren.”

(Peter Handke in „Die Lehre des Saint- Victoire“, S. 172).

Die Ausstellung verbindet Aspekte von Landschaft und Reduktion. Die Betrachter*innen wandeln durch Räume und Setzungen wie durch eine fremde Landschaft oder einen absurden Garten. Bilder und Objekte verschwinden nahezu in der Architektur; wie in einer Nebellandschaft tauchen sie auf und entziehen sich wieder, Sichtbares wird mit Unsichtbarem gepaart.

Insgesamt zieht sich die Idee fernöstlicher Leere als roter Faden durch die Räume, die aus den Erfahrung der künstlerischen Leitung Alice Dittmar in Ostasien gespeist wird und in der philosophischen Überzeugung verankert ist, dass aus dieser Leere alles andere erst entsteht. Es handelt sich also nicht um eine spartanische oder nihilistische Leere, sondern um eine energetischsinnliche, in der sich die Betrachter*innen den Weg zu den Arbeiten selbst erschließen können. Ihre subjektive sinnliche Wahrnehmung wird geschärft und aktiv beansprucht. Manchmal müssen sie auch einfach nur den Blickwinkel durch die eigene Bewegung verändern, um eine Arbeit zu sehen:

Alice Dittmars Zeichnungen zum Beispiel zeigen kirschrote, reflektierende Flächen, die flüchtige Erinnerungen unter den Schichten der Schraffuren offenbaren. Qiu Shihuas helle Gemälde, die sich durch minimale Bezüge auszeichnen, fordern den Betrachter auf, sich auf die Suche nach der wahren Essenz seines Werks zu machen. Die abstrakten Sujets von Leon Manoloudakis hingegen tauchen aus der tiefen Schwärze seiner Graphitapplikationen auf und bilden einen symbiotischen Kontrast aus totaler Leere und hoher Dichte.

Kate Albrecht Fulton integriert gefundene Objekte und wiederverwendete Fragmente, die sie in ihren Werken verbirgt und umgestaltet, was subversive Möglichkeiten des Verschwindens in die Beschaffenheiten der Ausstellngsräume einspeist. Die Arbeit von Dimitris Tampakis hängt gefährlich wie ein Damoklesschwert und evoziert die Gefahr eines drohenden Verlusts, während sie gleichzeitig die Seltenheit und die zeitlichen Beschränkungen der Perspektive erkundet.

Marie Riefs sich wiederholende Kopiervorgänge untersuchen die komplizierte Beziehung zwischen Schöpfung und Erschöpfung und stellen die Kopiermaschine selbst als kreative Kraft dar, die, wenn sie “erschöpft” ist, unvorhersehbare, unbestimmbare Ergebnisse hervorbringt. Indem sie geschichtete und gestaffelte Displays aus Relikten visueller Materialien in horizontalen und vertikalen Anordnungen in die Galerie setzt, erzeugt Delia Jürgens abschließend eine räumliche Tektonik eingeschlossener, erstarrter und chiffrierter Bild-Emulsionen.

Die Setzungen bei Garden of Delete steuern allesamt einen Kipppunkt an, die Schwelle des Überganges, wenn aus Techniken und Strategien der Informationsverweigerung etwas Neues, Autonomes entsteht.

Beitragsbild: Marie Rief, Exhausting 9J24B2Q / part of a series, 2021, 38 x 28 cm each, photogram courtesy of the artist

Garden of Delete
– Inflections –

Kate Albrecht Fulton, Alice Dittmar, Delia Jürgens, Leon Manoloudakis, Marie Rief,
Qiu Shihua, Dimitris Tampakis

07. Juli 2023 – 19. August 2023

Vernissage: 07. Juli; 17:00 – 21:00 Uhr

Frontviews HAUNT

Veröffentlicht am: 05.07.2023 | Kategorie: Ausstellungen, Kunst,

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