Auf den ersten Blick wirken die Bilder von Małgorzata Sztremer erzählerisch und doch versteht man wenig. Man erkennt einzelne Elemente – Figuren, Gegenstände, Pflanzen, Tiere, Gebäude, Landschaft – und fragt sich aber: Warum hält eine Frau ein geflügeltes Insekt, so groß wie ein Adler? Wieso öffnet sich ein Bühnenraum zu einem unbestimmbaren Blau: Himmel, Gebirge, Mineral? Detaillierte Darstellungen gehen über in abstrakte Partien, ungegenständliche Farbfelder changieren mit Erzählfragmenten.
Małgorzata Sztremer nutzt in ihren Arbeiten etwas, für was die Malerei als Medium bis zur Erfindung des Computers prädestiniert schien: uns nicht sichtbare, erfundene, imaginierte Realitäten vor Augen zu stellen, die parallel zur Alltagswelt existieren. Wie in einer Art Montage treten in ihren Bildern unterschiedliche Einflüsse aus Märchen, Mythen und Wissenschaft, Elemente aus Erinnerungen mit bildlichen Elementen aus anderen Kunstepochen in Beziehung und verschmelzen zu einer für uns zwar fremd erscheinenden, aber schlüssigen Bildwelt. Genau diese Zwischenwelten sind die Malräume der Künstlerin.
„Im Gegensatz zum Stereotyp der Hexe als einer bösen Frau mit übernatürlichen Kräften erscheint sie in der Malerei von Małgorzata Sztremer zwar als besondere Erscheinung, jedoch nicht als Symbolträgerin von Gut oder Böse. Das Interesse der Künstlerin an der Figur der Hexe als einer souveränen, unabhängigen Frauengestalt verbindet sich in einigen ihrer Bilder mit dem Interesse der Malerin an der Farbigkeit und Materialität der Minerale. Die Beschäftigung mit der Etymologie, mit der mineralogischen Klassifizierung, der Verwendung der Minerale in der Geschichte als auch mit esoterischen Deutungen der Minerale als Heilsteine führen zu einem Konglomerat aus verschiedenen miteinander verwobenen Bildmotiven. Es beginnt ein langer Malprozess, während dessen Małgorzata Sztremer ihre Protagonistinnen ins Verhältnis setzt zu ihren Recherchen und den darauf beruhenden vielfältigen gedanklichen Verbindungen. (…)
Die Funktion und das Wesen der Figuren bestimmen die Konstruktion des Bildraumes. Je mehr die Malerin sich während des Malprozesses der Perspektive ihrer Figuren annimmt, desto komplexer ist die Aufgabe, ihnen den adäquaten Handlungsraum zu geben. (…)
Mit ihren Bildern mag sich Małgorzata Sztremer zuweilen dem Verdacht aussetzen, ihre Kunst sei Ausdruck romantischer Verklärung und Weltabgewandtheit. Allerdings ist es gerade das fehlende Pathos, mit der uns diese (…) Wesen gegenübertreten und sich in ihrem Tun selbst genügen, was berührt und einer Überhöhung entgegenwirkt.“
(Friederike Steitz, Auszüge aus dem Katalogtext „…alles übrige blieb unsichtbar.“ Museum St.Wendel 2022)
Die Ausstellung mit Małgorzata Sztremers Arbeiten ist in Kooperation mit der Kulturstiftung Schloss Wiepersdorf entstanden. Die Künstlerin hatte 2022 ein Stipendium des Ministeriums für Bildung und Kultur des Saarlandes für Schloss Wiepersdorf.
Małgorzata Sztremer – Entkreuzung
11. Januar 2024 – 24. Februar 2024