Die Protagonisten Titus Schades irritierender und erfrischend-befremdlich wirkender Gemälde sind kulissenhaft anmutende Architekturen, die versatzstückhaft in setzkastenartigen Regalen, auf Tischen, aber auch in menschenleeren, öden Landschaften und als Motive auf „Delfter Kacheln“ präsentiert werden.
Seine Gemälde rufen unwillkürlich Assoziationen an Giorgio de Chiricos Stadtansichten mit ihren stilisierten Architekturen und starken Schlagschatten hervor. Während de Chirico mit Vorliebe Türme, Arkaden und klassische Versatzstücke abbildet, arbeitet Schade mit vertrauten heimischen Bautypen und Fachwerkkonstruktionen. Zu seinen favorisierten Gebäudetypologien gehören Speicher- und Industriearchitekturen mit Kränen, auskragenden Geschossteilen und langen Fabrikschloten, aber auch stilisierte Mühlen oder Burganlagen mit überdehnten, lang gestreckten Turmspitzen auf überhöhten, steilen Felsen. Auch spärlich oder gar nicht durchfensterte Bürgerhausfassaden in Fachwerkbauweise, die in der Nachkriegszeit überformt oder mit Anbauten kontrastiert werden, gehören zu Schades wiederkehrendem Repertoire. Ergänzt werden diese Architekturtypen durch Plattenbaufassaden, Brandwände, Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften, die gern auch freistehend ohne ihr Pendant oder als „Schizohäuser“ mit zwei verschiedenen Gesichtshälften dargestellt werden. Auch sie sind, wenn überhaupt, allenfalls minimal durchfenstert und in der Regel ohne Türen, bestenfalls mit Garagen dargestellt.
Auszug aus dem Ausstellungstext „Wirklicher als die Wirklichkeit“ von Turit Fröbe.
Beitragsbild: Titus Schade, Modelltisch – Großes Gemeindeamt, 2021. Courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin. Photo: Uwe Walter, Berlin
Titus Schade
Umland
11. November – 18. Dezember 2021