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Karin Székessy SKULPTURAL | SURREAL in der Chaussee 36
11. April 2019
Im Frühling 2019 widmet die Galerie 36 der Hamburger Fotografin Karin Székessy eine Einzelausstellung in der Chaussee 36 in Berlin Mitte. Die zur Zeit laufende Gruppenausstellung WOMEN ON VIEW wird bis 18. Mai 2019 verlängert.
Karin Székessy zählt zu den wichtigsten europäischen Fotografinnen seit den 1960er Jahren. In kongenialer Zusammenarbeit mit ihrem Mann, dem Maler, Grafiker und Bildhauer Paul Wunderlich, entwickelte sie einen eigenen unverwechselbaren fotografischen Stil, der tief in den Mythen und in der Kunstgeschichte verwurzelt ist. Neben den Portraits, Landschaften, Stilleben und den Reportagen sind es Karin Székessys Aktfotografien, mit denen sie international berühmt wurde und die Galerie 36 jetzt in einer Einzelausstellung zeigt.
Parallel zur Ausstellung Women on View, die die Erotisierung des weiblichen Körpers in der Werbefotografie der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Zentrum stellt, widmet Galerie 36 der Hamburger Fotografin Karin Székessy eine Einzelausstellung und richtet den Fokus auf ihre Aktfotografie. Während in der Gruppenausstellung Schönheitsideale in der Darstellung von Frauen vorwiegend durch den männlichen Blick geprägt sind, unterstreichen die Werke von Karin Székessy eine völlig andere Wahrnehmung des weiblichen Körpers.
Über die Aktfotografie von Karin Székessy heisst es, sie habe ihr den weiblichen Blick beigebracht. Umso spannender erscheint der Versuch einer Neubetrachtung – vor allem vor dem Hintergrund eines immer noch stark geprägten männlichen Blickes auf den weiblichen Körper und die gegenwärtige Rezeption und Wahrnehmung dieser Betrachtungen. Székessys Frauenakte wirken weniger entblößt und voyeuristisch aufgeladen. Im Vordergrund ihrer Akte steht ein ihr selbst vertrauter weiblicher Blick. Die Frauen wirken frei, bescheiden und fast unauffällig – sie werden dadurch unantastbarer, was jedoch nicht bedeutet, dass Eros abwesend ist, wie es seinerzeit im Text ihrer Ausstellung in der Berliner Galerie Werner Kunze steht.
1954 begann Karin Székessy zu fotografieren. Schon bald entwickelte sie einen ganz eigenen, surrealen Stil mit inszenierten und mysteriös anmutenden fotografischen Bildern. Möglicherweise ist es ihr bildhauerisches Auge, welches den Körpern eine selbstbewußte Präsenz verleiht. Die Fotografien von Karin Székessy scheinen mit der Kamera gemeißelt zu sein. Das Spiel mit dem Licht formt die dargestellten, zumeist nackten Frauenkörper – Konturen werden zu skulpturalen Formen und erzeugen eine magisch surreale Stimmung. Székessy selber sagt dazu: “Wichtig ist, dass die Modelle die Absurdität meiner Arbeiten verstehen.” Die symbolischen Elemente verdichten die auf den ersten Blick rätselhaften Szenarien mit Masken und anderen mysteriösen Requisiten. Sie erfindet Bilder und fordert uns auf, sie weiterzudenken. Székessy Bildmetaphern sind diskret und erzählen auf eine distanziert, fast flüchtige und dennoch persönliche Art und Weise von Sehnsucht und Wünschen, aber auch von vergänglicher Schönheit. Es sind zumeist stille Arbeiten, in denen die Beziehung der Fotografin zu ihren Modellen spürbar ist. Sie haben keine perfekten Körper und sind vielmehr natürlich schön. “Ich fotografiere weibliche Körper und dirigiere sie, damit sie schön sind,” sagt die Fotografin und fügt hinzu, dass sie sich in ihnen auch selbst spiegelt. Die inszenierten Bilder werden zu einer Art Selbstportrait.
Die Inszenierung ist Karin Székessy wichtig. Die Künstlerin beherrscht den Blick für Raumkomposition und die Techniken der Fotografie. Der Philosoph und Schriftsteller Max Bense schrieb bereits: “Wir haben es nicht mit der fotografischen Fixierung einer vorgegebenen Welt zu tun, sondern mit der Wiedergabe einer vorgestalteten, einer statuarisch arrangierten Welt, in der selbst der Lichtraum nicht natürlich vorausgesetzt, sondern auf seine Handhabung, auf seine Gestaltbarkeit, auf Beleuchtung zurückgeführt wurde.“ Mit ihren unverwechselbaren Arrangements surrealistischer Bilderrtsel, in denen Möbel zu skulpturalen Objekten werden, entstehen ganz eigene, fast theatrale Szenen, die uns in ungeahnte Welten enführen, in der Form und Gestalt mit dem Schatten verschmelzen und beinahe verschwinden. Dieser Moment von Abwesenheit verleiht den Fotografien von Székessy eine magische, ja surreale sinnliche Stimmung von verborgener Poesie.
Die Ausstellung umfasst insgesamt 50 Exponate.
Text Harald Theiss
Eine Ausstellung zusammengestellt von Alice Le Campion und Harald Theiss.
Über die Künstlerin:
Karin Székessy wurde 1938 in Essen geboren. Von 1957 bis 1959 studierte sie Fotografie in München. Seit 1959 erstellt sie Puppenfotos, zu denen ab 1963 Aktfotografien und eine Werkkorrespondenz mit Paul Wunderlich hinzukam. In der Zeit von 1960 bis 1966 arbeitete Székessy als Reportagefotografin bei der Zeitschrift Kristall und war zwischen 1962 und 1967 Mitglied der Werkgruppe Zeitgenossen. Von 1967 bis 1969 hatte sie eine Lehrtätigkeit auf dem Fachgebiet Modefotografie an der Werkkunstschule Hamburg. Karin Székessy war seit 1971 mit Paul Wunderlich bis zu dessen Tod im Jahr 2010 verheiratet. Zwischen 1984 und 1987 erstellte sie ca. 300 Coverfotos für Ullstein-Krimis. Bis heute hat sie international in Amsterdam, London, New York und Tokio ausgestellt und zahlreiche Publikationen und Editionen veröffentlicht. Im deutschsprachigen Raum waren jüngst die umfangreichen Retrospektiven im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, der Photobastei in Zürich, Deutsches Fotomuseum Leipzig sowie die Ausstellungen in der Berliner Galerie Johanna Breede PHOTOKUNST zu sehen.
Eröffnung: Donnerstag, den 11. April, 19 Uhr – 21 Uhr
Die Künstlerin wird anwesend sein.