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OPEN – Jimok Choi

24. Juli 2020 - 31. August 2020

Jimok Choi

Der Philosoph Vilém Flusser bemerkte einmal, wenn man Dinge so betrachte, als sähe man sie zum ersten Mal, dann sei dies eine Methode, mit der man bisher unbeachtete Aspekte dieser Dinge entdecken könne.
Jimok Chois Arbeiten geben uns allen Grund, die Dinge neu zu entdecken. Wenn er ein vorhandenes Objekt, einen Gebrauchsgegenstand, präzise und nach symmetrischer Ordnung zerteilt und neu zusammensetzt, dann liegt es ihm keinesfalls an der Zerstörung dieses Dings. Vielmehr, wie er sagt, organisiert er die Dinge nur anders – und macht sie dabei neu sichtbar, arbeitet bisher unbeachtete Aspekte heraus: „Ich zerstöre nicht, ich stelle etwas neues her“, stellt der Künstler fest.
Da ist der Gitarrenkoffer („A Modern Bard“, 2020): mit einer japanischen Säge geviertelt, hat Choi die entstandenen Stücke überraschend angeordnet. Durch die schon vor dem Akt des Schneidens geplante Formation der gebildeten vier Elemente zu einem rechteckigen, skulpturalen Bild, setzt Choi nun den Raum in den Mittelpunkt, der den Koffer zuvor umgab. Man sieht eine Form, die bereits durch die Umrisse des Koffers geprägt war, aber erst jetzt sichtbar wird. Dabei offenbart der Akt des Sezierens auch das Innere des Koffers, wodurch das Objekt an Tiefe gewinnt: seine sichtbare Oberfläche vervielfacht sich, spricht anders zu uns. Dass Choi auch die im Kofferinneren befindliche Gitarre zerteilt hat, ist dabei in der Logik des Künstlers zwingend.
Aus Design wird Kunst. Einen Moment des Bedauerns empfindet Choi bei dieser Umwertung der Dinge nicht. Die Art, das Material, die Geschichte der von ihm bearbeiteten Objekte ist für ihn von untergeordnetem Belang: „Was ich schneiden kann, schneide ich“, sagt er, und so sieht man eine Flagge aus Nylon, eine massive Kassettentür samt Rahmen, holzgerahmte Fotoporträts oder ein schwarzes Bild, alle mit der gleichen Konsequenz zerteilt und dann neu organisiert, Innen und Außen invertiert.
Mit unterschiedlichen Folgen: Bei den beiden Fotoporträts („Antique“, 2018), Schwarz-Weiß-Abbildungen mutmaßlich europäischer, weißer Menschen (einem Paar?) aus einem vergangenen Jahrhundert, verhalten sich die acht entstandenen, nun streng an kreuzförmigen Strukturen ausgerichteten Viertel wie Puzzleteile. Verliert eine Gegenstand, ein Bild, seine Identität, wenn seine Elemente untereinander ausgetauscht
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werden? Oder entsteht durch die Fragmentierung und Neukonfiguration der abgebildeten, anonymen Personen erst eine Voraussetzung, Identität als Konstruktion zu denken?
Ähnlich bei der Flagge („No Exit, 2018): Dass durch Chois einfache Operation der Neugruppierung eines geviertelten Union Jack ein Bild mit Rahmen entsteht, frappiert auf den ersten Blick. Dass durch Drehung der neu entstandenen Flagge ein „X“ sichtbar wird, gibt ihr im Jahr des Brexit ungeahnte Bedeutung. Wieso sah man das X nicht schon zuvor?
Die wuchtige, aus einem Altbau in Halle an der Saale stammende Kassettentür („Knocking“, 2000) gibt Zeugnis von bürgerlichem Geschmack und großzügiger Raumaufteilung. Geviertelt und neu zusammengesetzt, ist ihr Rahmen nun ihr Zentrum, sind ihre Flügel nun ihre Eckelemente. Durchschreiten lässt sie sich nicht mehr, aber beim längeren Betrachten scheint es fast, als sähe man zum ersten Mal überhaupt eine Tür als solche. Und was ist schon der gewöhnliche Gebrauch einer Tür gegen diese Chance, die uns Jimok Chois Arbeiten bieten?

Text Martin Conrads

Details

Beginn:
24. Juli 2020
Ende:
31. August 2020
Veranstaltungskategorie:
Eintritt: -

Veranstaltungsort

Kang Contemporary
Lindenstraße 90
Berlin, 10969 Deutschland
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Veröffentlicht am: 07.07.2020 |

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