Kolumne: Words can’t tell – Bram Braam in der Galerie Burster

Jeannette Hagen für Kunstleben Berlin, bram braam in der Galerie Burster

Kunstleben Berlin Kolumne von Jeannette Hagen. Was siehst Du, wenn Du an einem Schuttcontainer vorbeigehst, der irgendwo an einer Baustelle oder am Straßenrand steht? Wahrscheinlich Schutt, Müll, Reste – Material, das irgendwann mal Form und Halt hatte, ein Haus, ein Bad, eine Wand war, das sich vielleicht sogar Architektur genannt hat. Im Schuttcontainer ist davon nicht mehr viel übrig, es gibt allerdings Künstler*innen, die genau darin den Wert sehen und diese Materialien nutzen, um Neues entstehen zu lassen. Zu ihnen gehört Bram Braam.

Braam ist 1980 in den Niederlande geboren, studierte an der Royal Academy of Fine Arts, Den Bosch, stellt mittlerweile weltweit aus und zeigt derzeit eine kleine Auswahl seiner Werke in der Galerie Burster in Berlin Wilmersdorf. In der Pressemitteilung der Galerie ist zu lesen, dass “die Suche nach unverfälschten Spuren in unseren urbanen Umwelt – einer von Architektur dominierten Landschaft” der Ausgangspunkt der Kunst Braams ist und dass “diese Suche sich in einer skulpturalen und poetischen Darstellung von Material und Verfall” manifestiert.

Wer sich mit Braam auf die Suche macht, dem wird gewahr, dass es diese unverfälschten Spuren kaum noch gibt, dass selbst ein Wald von Menschenhand geprägt ist. Gleichzeitig wird jedem, der sich einlässt, bewusst, wie fragil selbst die stärksten Strukturen im Angesicht der Zeit sind. Was heute als Ikone gefeiert wird, zeigt ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte später Risse, zerfällt oder wird zerstört. Nichts hat Bestand, außer die Veränderung selbst. Und die greift zunehmend radikaler in unsere Leben ein, überwiegend durch den Mensch selbst forciert – als technischer Fortschritt, als Klimaveränderung, als politischer Umbruch, als neue Bauverordnung, als Pandemie.

Auf vielen Ebenen bringen die Besen des Hexenmeisters mehr und mehr Wasser, was fehlt, ist die Antwort auf die Frage, wohin – außer zu Zerstörung – das führen soll und wie es uns gelingen kann, Altes und Überkommenes hinter uns zu lassen, und trotzdem wertzuschätzen, dass es einst von Bedeutung war und sich sowohl sein materieller als auch immaterieller Wert in einer neuen Form zeigen kann. In dem Zusammenhang fällt hier und da das Wort Post-Vandalismus. Sieht man die menschengemachten, teils zerstörerischen Veränderungen und Eingriffe, die durchaus auch als Architektur bezeichnet werden, als Vandalismus, dann passt dieser Begriff sehr gut.

Faszinierend an den Werken von Braam ist die Ruhe, die sie ausstrahlen. Chaos ist plötzlich wieder Ordnung. Die Besen tragen kein Wasser mehr, sondern stehen still in der Ecke, sodass alle Beteiligten sich ausruhen und erholen können. Eine wunderbare Utopie: Wachstum, das beruhigt. Veränderung, die durchatmen lässt und den Blick auf etwas freigibt, was in unserer Wegwerfgesellschaft droht, verloren zu gehen: die Kunst, das Ende nicht als Ende, sondern als Anfang von etwas Neuem zu sehen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 4. Dezember geöffnet. Mi-Fr 12-18 Uhr I Sa 12-16 Uhr und nach Vereinbarung

Galerie Burster

Ludwigkirchstraße 11, 10719 Berlin

Mehr über Bram Braam: www.brambraam.com

bram braam in der Galerie Burster Foto @Galerie Burster

 

Veröffentlicht am: 18.11.2021 | Kategorie: Ausstellungen, Kolumne Jeannette Hagen,

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