KSK zahlen! Eine systemrelevanten Kaskade …

KSK zahlen! Charlotte Harrison Unsplash

Wenn Museen, öffentliche bzw. kommunale Galerien, Theater, Orchester, Chöre und Clubs aufgrund der pandemischen Entwicklungen zu schließen haben, trifft das neben allem Gesagten einen Punkt, der mir nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu sein scheint: die KSK, das System der Sozialversicherung von freien Künstlern und Publizisten. Heruntergefahrene Systeme wirken sich wechselseitig auf Beauftragende und Beauftragte aus – und so ist über kurz oder lang das einzigartige System der Künstlersozialkasse in Gefahr, wenn nicht stabilisiert wird. Ein Aufruf an Verwerter und freie Kreative: KSK zahlen!

Wenn die Künstlersozialkasse (KSK) Einnahmeverluste erleidet, weil einerseits Unternehmen krisenbedingt keine kreativen Leistungen mehr beauftragen können oder ihre Abgaben nicht zahlen, oder andererseits die Freiberufler:innen ihre Beiträge senken, wird das gesamte – durchaus relevante – System gefährdet. Es kann zu einer Erhöhungen der Beitragssätze sowie der prozentualen Abgabesätze im Folgejahr kommen, und längerfristig gesehen zu schwerwiegenderen Problemen der Kasse führen.

Für freischaffende Kreative wäre das Fehlen der KSK enorm existenzbedrohend oder das direkte Aus. Um die Kaskade der pekuniären Schwächung von verwertenden und kreativ schaffenden Unternehmungen aufzuhalten, ist unbedingt zu verhindern, dass Künstler:innen sich in Hartz IV abschieben lassen. Dies bedeutet den mittelfristigen Verlust der KSK-Mitgliedschaft, was wiederum das Versicherungssystem insgesamt schwächt. Dieser Vorschlag von der Politik ist kurzsichtig und brandgefährlich. Hartz IV ist kein geeignetes Instrument, um die Krise zu überbrücken. Die Künstlersozialkasse darf nicht wegbrechen.
Seit Beginn der Pandemie haben viele Kreative ihre Beiträge auf‘s Minimum reduziert (zirka 80 €/Monat). Das ist sehr schlecht für die Versicherten selbst, da sie im Falle einer schwereren Erkrankung etwa mit einem Krankengeld i.H.v. 350 €/Monat rechnen können. (Allein die Sorge vor Erkrankung übrigens lässt freiberufliche Einzel- und Kleinunternehmer ohnehin vorsichtig sein!) Betrachten wir das Gesamtsystem ist das Thema der Rente gleichermaßen betroffen.

Teufelskreis: Die Insolvenzgefahr bei Unternehmen, die normalerweise künstlerische Leistungen beauftragen – und ihre Abgaben leisten – hat natürlich Folgen für die Stabilität des KSK-Systems. Auch in diesem Sinne sind die angekündigten Hilfen seitens des Bundes für alle Unternehmungen unablässig.

Analog zum Kurzarbeitergeld aus dem Topf der Steuerzahler ist demnach der sogenannte fiktive Unternehmerlohn oder ein Existenzgeld die einzig logische Konsequenz bzw. zumindest zeitweise eine Art bedingungsloses Grundeinkommen, wenn diese Krise einigermaßen nachhaltig und sinnig überstanden werden soll.
Bricht die Künstlersozialkasse weg, werden künstlerische und kreative Leistungen tatsächlich zu Luxusgütern, die sich nur noch – privat und unternehmerisch – sehr Wenige leisten können werden. Und über eine Million Menschen arbeitslos …

KSK zahlen! Matt Collamer Unsplash
© Matt Collamer unsplash

Alle, die Künstler oder Publizisten beauftragen bzw. deren Schöpfung verwerten oder vertreiben, müssen Künstlersozialabgabe entrichten. Im Gegensatz zu öffentlichen Einrichtungen sind Galerien, die dem Verkauf der ausgestellten Kunstwerke dienen, Wirtschaftsbetriebe (Einzelhandel) und dürfen in Berlin auch weiterhin geöffnet bleiben. Kunstkaufende Galerie-Klientel unterstützt so auch die Sozialabsicherung von Kunstschaffenden.
Daneben sind alle Unternehmen, die durch künstlerische Leistungen Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben, abgabepflichtig. Gemäß KSVG gehören zu den Künstlern und Publizisten nicht nur Sänger, Fotografen, Schreibende und designende Kreative, sondern auch Influencer, die beauftragt werden, mit eigenen Fotos, Videos oder Texten für die Produkte eines Unternehmens werben.
Der Abgabesatz für alle Verwerter, ob unternehmerische oder private, wird jährlich gemäß der Künstlersozialabgabeverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales festgesetzt und liegt 2020 bei 4,2 %. Bemessungsgrundlage sind alle Entgelte, die in einem Jahr an selbstständige Künstler oder Publizisten gezahlt wurden.

Wegen der Corona-Krise dürfen Unternehmen die Abgaben u.U. später zahlen oder auch stunden (kurz begründete Anträge dazu sind per E-Mail bei abgabe@kuenstlersozialkasse.de zu stellen).
Verwertende Unternehmen werden im Übrigen durch die KSK und die DRV (Deutsche Rentenversicherung) geprüft.

Alle KSK-Mitglieder wie auch Verwerter müssen weiterhin anständig Beiträge und Abgaben zahlen können, wenn wir das – europaweit einzigartige – Sozialversicherungssystem für Künstler und Publizisten erhalten wollen.

Jana Noritsch

Beitragsbild Ampel © Charlotte Harrison, unsplash

Veröffentlicht am: 02.11.2020 | Kategorie: Kolumne Jana Noritsch, Redaktion-Tipp, | Tag: Corona, Galerie, Influencer, Krise, KSK, Künstlersozialabgabe, Museum,

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